Thomas Hieke, «Das Alte Testament und die Todesstrafe», Vol. 85 (2004) 349-374
Rather than understanding the Old Testament sanction
tmwy twm ("he shall surely be put to death") as a
death penalty edict, one should see it as a parenetic warning. Comparing the
verses which contain mot yumat with the few references to death sentences
and executions, it is to be doubted whether this condemnation was indeed
applicable. The ‘death edicts’ are therefore not ‘law,’ but divine dicta
functioning as deterrents. They formulate things that should not happen under
any circumstances. Hence, they underscore the most important ethical and cultic
maxims.
Das Alte Testament und die Todesstrafe 359
von Isaak und Rebekka beschränkt, deren Unversehrtheit mit dem
mot-Satz gesichert wird. Es kommt jedoch zu keiner Ãœbertretung. In
der Parallelerzählung von Abram und Sarai beim Pharao in Gen 12,10-
20 fehlt ein derartiger Satz. In Gen 20,1-18 (Abraham und Sara in
Gerar) droht Gott dem König Abimelech, dass er sterben müsse, wenn
er Sara nicht an Abraham zurückgebe.
4. Weitere Rechtssätze im Kontext der Todesstrafe
Mit den mot-Sätzen allein ist das Spektrum noch nicht abgedeckt.
In mehreren Fällen fehlt der Infinitivus absolutus, so z.B. in der
Bestimmung, dass der “Fremdeâ€, d.h. der unbefugte Nicht-Priester,
der sich dem heiligen Zelt nähert, getötet werden muss (Num 1,51;
3,10.38; 18,7) (39). Ebenfalls im religiös-kultischen Bereich stehen die
Anordnungen, dass wer auch immer zum Abfall von YHWH und zur
Verehrung fremder Götter geheim oder öffentlich anstiftet, sei es ein
Prophet, die eigene Familie oder eine ganze Stadt, getötet werden soll
[Dtn 13,2-19 (40); 17,2-7]. Getötet werden soll ferner derjenige, der
nicht auf den Urteilsspruch des Priestergerichts hört (Dtn 17,12) und
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werden: Priester (2 Kön 11,8.15), Heerführer (1 Sam 11,7), Familienväter (Gen
31,32; 38,24; 44,9.10), der Stämmebund (Ri 21,5; Jos 1,18; 2,19) sowie YHWH
selbst (Gen 4,15; Ex 19,12; Num 14,23; Jos 7,15. Eine eindeutige Rechtsin-
stitution als Autorität für das Aufstellen und vor allem für das Ausführen des so
genannten “apodiktischen Rechts†fehlt also.
(39) Mit SCHÃœNGEL-STRAUMANN, Tod und Leben, 117, ist nicht an eine
Todesstrafe zu denken, sondern an die Auffassung, nach der die Begegnung mit
dem Heiligen tötet, wenn nicht besondere Vorkehrungen getroffen werden. Vgl.
u.a. Ex 28,43; Lev 16,1-2.13; Num 4,15.19-20; 17,28; 18,3.22.
(40) SCHÜNGEL-STRAUMANN, Tod und Leben, 118, sieht in Dtn 13,2-6 “eher
ein rhetorisches Predigtbeispiel als ein eigentliches Gesetzâ€. – Zu Dtn 13,10 vgl.
B.M. LEVINSON, “‘But You Shall Surely Kill Him!’ The Text-Critical and Neo-
Assyrian Evidence for MT Deuteronomy 13:10â€, Bundesdokument und Gesetz
(Hrsg. G. BRAULIK) (HBS 4; Freiburg i.Br. 1995) 37-63, der gegen die Leseweise
der Septuaginta und den Emendationsvorschlag von BHS für den masoretischen
Text optiert und dafür Material aus den antiken Versionen und neuassyrischen
Vertragsdokumenten anführt: Die Loyalität gegenüber dem obersten Herrscher
schaltet jegliche Rechtsinstitutionen (Prozess, Zeugen) aus. In Dtn 13,10MT wird
der Abfall von YHWH als “religious emergency†(62) gesehen, die nur durch
radikale Tötung der Schuldigen abgewendet werden kann. Paralleltexte dazu sind
die Erzählung von der Tötung von nahezu 3000 Mann durch die Leviten nach der
Sünde mit dem Goldenen Kalb (Ex 32,26-28) sowie die Eifertat des Pinhas (Num
25,1-18). Von einer “Todesstrafe†sollte hier aufgrund der religiösen Ausnahme-
situation nicht gesprochen werden.