Thomas Hieke, «Das Alte Testament und die Todesstrafe», Vol. 85 (2004) 349-374
Rather than understanding the Old Testament sanction
tmwy twm ("he shall surely be put to death") as a
death penalty edict, one should see it as a parenetic warning. Comparing the
verses which contain mot yumat with the few references to death sentences
and executions, it is to be doubted whether this condemnation was indeed
applicable. The ‘death edicts’ are therefore not ‘law,’ but divine dicta
functioning as deterrents. They formulate things that should not happen under
any circumstances. Hence, they underscore the most important ethical and cultic
maxims.
Das Alte Testament und die Todesstrafe 361
formuliert werden muss, der so aussieht: “Der Gesetzgeber wollte das
Todesrecht für den Halter [des stößigen Rindes] anerkannt, aber nicht
angewandt wissen und verband so die Konsequenz seines Rechtsden-
kens mit dem Gewohnheitsrecht†(46). Eben dieses Gewohnheitsrecht
sieht aber eine angemessene Ausgleichszahlung vor.
II. Intermezzo
(1) Aus dieser Ãœbersicht wird deutlich, dass die teils mit, teils
ohne mot-Satz formulierten Todesrechtsbestimmungen sehr disparat
und verstreut erscheinen. So steht etwa die Todesbestimmung für
Menschenraub in Dtn 24,6 zwischen der Befreiung Neuvermählter
vom Kriegsdienst und dem Verbot, die Handmühle als Pfand zu
nehmen, einerseits und Aussagen über die Krankheit des Aussatzes
andererseits. Die Anordnung, dass Väter nicht für ihre Söhne und
Söhne nicht für ihre Väter «sterben» sollen, eine Sippenhaftung also
ausgeschlossen werden soll (Dtn 24,16; zitiert in 2 Kön 14,6), findet
sich zwischen der Lohnauszahlung an den Tagelöhner und Bestim-
mungen für sozial Schwache (u.a. Verbot der Nachlese).
Zwar gibt es Ansätze zur Reihenbildung von mot-Sätzen in Ex 21
und Lev 20, doch fehlen dann wiederum in diesen Kontexten
Bestimmungen zur Durchführung eines Prozesses und der Hinrich-
tung (47). Somit liegt die Frage nahe, ob die genannten biblischen Texte
in ihren jetzigen Kontexten als ausführbares Recht für eine konkrete
Praxis zu verstehen sind (48).
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Redeformen, 148, annehmen, erscheint fraglich: Warum ist dann bei bestimmten
Tatbeständen die Steinigung erwähnt (“an sich überflüssige[r] Zusatzâ€, “eine Art
Ausführungsbestimmungâ€, so Boecker), bei den meisten anderen jedoch nicht?
(44) Die Talionsformulierung “Leben für Leben†in Ex 21,23 bedeutet nicht
die Todessanktion, vgl. SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, Bundesbuch, 79-128.
(45) Da Num 35,31 für zum Tod Verurteilte ein “Sühnegeld†ausschließt
(s.o.), könnte die Regelung in Ex 21,30, die eine finanzielle Ausgleichszahlung
ermöglicht, ein Hinweis darauf sein, dass der Tatbestand der nachlässigen
Haltung eines Rindes, das jemanden tötet, nicht in den Bereich der Kapitaldelikte
gehört.
(46) SEEBASS, “Sklavenrechtâ€, 181-182.
(47) Vgl. SCHÃœNGEL-STRAUMANN, Tod und Leben, 124: tmwy twm und tmwy stehen
immer absolut, d.h. “es wird nie gesagt, wer diese Strafe vollziehtâ€. Alle
Vergehen, auf die tmwy twm als Strafe steht, kommen im Pentateuch auch in
Formulierungen ohne Todessanktion vor.
(48) Vgl. GERSTENBERGER, Leviticus, 269; ID., “Divine Threatsâ€, 44-45.