Thomas Hieke, «Das Alte Testament und die Todesstrafe», Vol. 85 (2004) 349-374
Rather than understanding the Old Testament sanction
tmwy twm ("he shall surely be put to death") as a
death penalty edict, one should see it as a parenetic warning. Comparing the
verses which contain mot yumat with the few references to death sentences
and executions, it is to be doubted whether this condemnation was indeed
applicable. The ‘death edicts’ are therefore not ‘law,’ but divine dicta
functioning as deterrents. They formulate things that should not happen under
any circumstances. Hence, they underscore the most important ethical and cultic
maxims.
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der falsche Prophet (Dtn 18,20; vgl. Sach 13,3). Eine besondere
Sanktion für einen Einzelfall ist die Verbrennung einer Priestertochter,
die sich und damit auch ihren Vater entweiht hat, weil sie sich als
Prostituierte hingegeben hat (Lev 21,9) (41).
In den zwischenmenschlich-familiären Bereich gehören folgende
Todessanktionen: der störrische Sohn, der sich fortwährend seinen
Eltern widersetzt (Dtn 21,18-21) (42), die Braut, die ihre voreheliche
Jungfräulichkeit nicht nachweisen kann (Dtn 22,13-21), der
Vergewaltiger eines unberührten verlobten Mädchens, wenn die Tat
auf freiem Felde ohne Zeugen stattgefunden hat (Dtn 22,25-27),
jedoch beide, wenn die Tat in der Stadt begangen wurde und das
Mädchen offenbar nicht um Hilfe geschrieen hatte (22,23-24). Die
Hinrichtungsart ist die Steinigung (43).
Der einzige Fall, wo im kasuistischen Recht (44) eine Todessank-
tion ausgesprochen wird, ist der Beispielsfall des stößigen Rindes (Ex
21,28-32): Die Möglichkeit, dass der fahrlässig handelnde Eigentümer
sein Leben durch eine finanzielle Ersatzleistung auslösen kann, zeigt,
dass die Sühne für den getöteten Menschen durch die in jedem Falle
angesetzte Steinigung des Rindes erfolgt. Zugleich aber tangiert die
Tötung eines Menschen das “Todesrecht†(45), so dass ein Kompromiss
(41) Zur Verbrennung als Sanktion vgl. nur noch Lev 20,14 (s.o.), ferner Gen
38,24. Vgl. BÃœCHLER, “Todesstrafenâ€, 542-562. Die Mischna (mSan VII, 2)
missbilligt die Exekution einer wegen Unzucht verurteilten Priestertochter.
(42) Eine buchstäbliche Todesstrafe ginge hier weit über alles hinaus, was in
Israels altorientalischer Umwelt an Strafen vorgesehen ist. Im antiken Vorderen
Orient werden aufrührerische Kinder, die gewaltsam gegen ihre Eltern vorgehen,
als Gefährdung der Gesellschaftsordnung betrachtet. Nie jedoch wird die
Todesstrafe ausgesprochen. Innerbiblisch ist beim Tatbestand der groben
Missachtung der Eltern in der Weisheitsliteratur eine gesellschaftliche Ächtung
vorgesehen, vgl. Spr 30,17. Vgl. LEMAIRE, “Système pénalâ€, 119. Die Vorschrift
ist als erzieherische Abschreckung aufzufassen, vgl. J.H. TIGAY, Deuteronomy
(The JPS Torah Commentary; Philadelphia 1996) 196-197; GERSTENBERGER,
“Apodiktisches Recht?â€, 18; SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, Bundesbuch, 219;
CALLAWAY, “Deut 21:18-21â€, 352; CRÃœSEMANN, Tora, 304. — E. BELLEFONTAINE,
“Deuteronomy 21,18-21: Reviewing the Case of the Rebellious Sonâ€, JSOT 13
(1979) 13-31, hier 18-26, zeigt, dass die Worte hrwmw rrws ˆb «ein störrischer und
widerspenstiger Sohn» häufig für das Volk Israel und seine Beziehung zu YHWH
verwendet werden (vgl. Ps 78,8.17.40.56; Num 20,10; Dtn 31,27 u.v.m.). Diese
Textstellen treten in eine intertextuelle Wechselwirkung mit Dtn 21,18-21, doch
YHWH bringt seinem störrischen Volk nicht die Todesstrafe, sondern gewährt
ihm eine Erneuerung des Bundesverhältnisses.
(43) Ob die Steinigung als “geläufigste Hinrichtungsart†stets bei den mot-
Sätzen gemeint ist, wie es z.B. BÃœCHLER, “Todesstrafenâ€, 665, und BOECKER,