Thomas Hieke, «Das Alte Testament und die Todesstrafe», Vol. 85 (2004) 349-374
Rather than understanding the Old Testament sanction
tmwy twm ("he shall surely be put to death") as a
death penalty edict, one should see it as a parenetic warning. Comparing the
verses which contain mot yumat with the few references to death sentences
and executions, it is to be doubted whether this condemnation was indeed
applicable. The ‘death edicts’ are therefore not ‘law,’ but divine dicta
functioning as deterrents. They formulate things that should not happen under
any circumstances. Hence, they underscore the most important ethical and cultic
maxims.
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hinsichtlich der Quasten an den Kleidern fort — dann aber wird
deutlich, worum es wirklich geht: Die Quasten sollen an die Gebote
Gottes erinnern und daran, dass das Volk sie mit seinem Herzen
einhalten will. Num 15 schließt mit dieser Belehrung, die damit den
eigentlichen Zielpunkt des Kapitels angibt.
(3) Auch Moses Nachfolger Josua statuiert ein Exempel (Jos 7):
Achan hat sich unrechtmäßigerweise etwas von einer Kriegsbeute
angeeignet, die aufgrund eines religiösen Gelübdes vernichtet werden
sollte (Vernichtungsweihe). Er wird aber nicht mittels einer
Untersuchung und eines Rechtssatzes überführt, sondern durch ein
Gottesurteil (von Gott gelenkter Losentscheid). Die Hinrichtung
Achans erfolgt durch «ganz Israel». Die berichteten Einzelheiten
erlauben dabei nicht die Rekonstruktion eines Todesrechtsprozesses
und einer Todesstrafe, ein Rechtssatz ist nicht genannt. Die Botschaft
der Geschichte ist eine andere: Achan hat sich an der Gemeinschaft
vergangen, denn durch seine Tat lag der Zorn Gottes auf dem
gesamten Volk, das so militärisch in eine Zwangslage geriet. Das
ganze Volk wiederum trug durch die Steinigung zur Sühnung der
Verfehlung bei, Achan selbst rückt in die Nähe des Sündenbocks,
dessen Tod für die Gemeinschaft Heil bedeutet (61).
(4) Ein “richtiger†Todesrechtsprozess ohne Beteiligung Gottes
findet sich dagegen in 1 Kön 21 (62). Weil Nabot seinen Weinberg nicht
an König Ahab verkaufen will, strengt Ahabs Frau Isebel einen
Schauprozess gegen Nabot an: Ein Fasten wird ausgerufen, um die
Dringlichkeit des anstehenden Problems anzuzeigen — so sind alle
Anwesenden darauf eingestellt, dass eine erhebliche Krise ansteht (63).
(61) Eine strukturelle Parallele findet sich in Num 25,1-18 (die Eifertat des
Pinhas). Betont man gerade diesen Aspekt an den beiden Geschichten (Num 25
und Jos 7), nämlich dass die Tötung eines Schuldigen eine Sühne bewirkt, wird
deutlich, dass es hier nicht um eine “Todesstrafe†geht.
(62) Vgl. W. THIEL, “Der Todesrechtsprozeß Nabots in 1 Kön 21â€, Recht und
Ethos im Alten Testament – Gestalt und Wirkung. Festschrift H. Seebass (Hrsg. S.
BEYERLE – G. MAYER – H. STRAUSS) (Neukirchen-Vluyn 1999) 73-81 (Lit.!).
Thiel betont zwar, dass 1 Kön 21 Ergebnis einer literarischen Gestaltung ist (76),
nimmt aber doch einen historischen Quellenwert an (Datierung von 21,1-20* in
das 8.Jh. vC) und betont, dass 1 Kön 21 ein Beleg für “die Existenz der
Todesrechtsinstitution†sei (80). Aber schon für einen nötigen zugrundeliegenden
mot-Satz (“Todesrechtssatzâ€), den es in der Formulierung, wie sie 1 Kön 21,10.13
erfordern würde, nicht gibt, muss Thiel eine “Zusammenschau von Ex 22,27 und
Lev 24,16†annehmen. Es erscheint aber m.E. nicht “unzweifelhaftâ€, dass es für
die Geschichte von 1 Kön 21 einen solchen Todesrechtssatz gegeben haben muss.
(63) Vgl. THIEL, “Todesrechtsprozeßâ€, 77.