Thomas Hieke, «Das Alte Testament und die Todesstrafe», Vol. 85 (2004) 349-374
Rather than understanding the Old Testament sanction
tmwy twm ("he shall surely be put to death") as a
death penalty edict, one should see it as a parenetic warning. Comparing the
verses which contain mot yumat with the few references to death sentences
and executions, it is to be doubted whether this condemnation was indeed
applicable. The ‘death edicts’ are therefore not ‘law,’ but divine dicta
functioning as deterrents. They formulate things that should not happen under
any circumstances. Hence, they underscore the most important ethical and cultic
maxims.
356 Thomas Hieke
20,15: Mann; 16: Frau); homosexueller Verkehr zwischen Männern
(Lev 20,13: beide Männer); Verkehr eines Mannes mit einer
verheirateten Frau (Lev 20,10: Ehebrecher und Ehebrecherin; vgl.
Dtn 22,22) (26); mit der Frau seines Vaters (Lev 20,11: beide); mit
seiner Schwiegertochter (Lev 20,12: beide). Im Kontext von Lev 20
finden sich noch weitere Bestimmungen, die nicht mit dem mot-Satz
sanktioniert sind, aber ebenfalls den Tod nach sich ziehen: Die Heirat
einer Frau und deren Mutter wird als Blutschande deklariert. Alle
drei Personen sollen verbrannt werden (Lev 20,14). Implizit kann
man hier das Verbot des Inzests mit der eigenen Tochter (und der
Stieftochter), das ausdrücklich nirgends genannt ist, vermuten (27).
Weitere Inzestvergehen werden nicht mit einer Todessanktion
versehen (20,17-21) (28). “Ausgemerzt†(trk; «schneiden») sollen
Geschwister und Halbgeschwister werden, die sexuell miteinander
verkehren (Lev 20,17), ebenso ein sexuell verkehrendes Paar, bei
dem die Frau menstruiert (20,18). Die genaue Bedeutung der trk-
Sanktion “bleibt in allen Belegen im Heiligkeitsgesetz und im
übrigen priester(schrift)lichen Textbereich erstaunlich offen†(29). Es
geht nicht um eine Todesstrafe, sondern um das Ende einer
genealogischen Linie. Ebenso ist der vor allem in Lev 20 (und an
anderen Stellen) auftretende Blut-Satz («sein/ihr Blut sei auf
ihm/ihnen») keine Strafbestimmung (30), sondern eine “Schutz-
formelâ€, die verhindern soll, dass von der Hinrichtung eines
Menschen irgendwelche negativen Folgen (“Blutschuldâ€) auf die
Hinrichtenden übergehen: Wer an einer Hinrichtung eines recht-
mäßig Verurteilten teilnimmt, verunreinigt sich nicht (31).
(26) Ein anders gelagerter Fall ist Lev 19,20-22; vgl. u.a. H. MCKEATING,
“Sanctions against Adultery in Ancient Israelite Society, with some Reflections
on Methodology in the Study of Old Testament Ethicsâ€, JSOT 11 (1979) 57-72.
Siehe auch Anmerkung 76.
(27) Vgl. J.E. MILLER, “Sexual Offences in Genesisâ€, JSOT 90 (2000) 41-53.
(28) Die Drohung der Kinderlosigkeit ist menschlichem Zugriff entzogen
(vgl. Gen 30,2) und damit eine Gottesstrafe, vgl. ebenso «sie sollen ausgemerzt
werden» (Lev 20,18), «… muss die Folgen seiner Schuld tragen» (19.20), «sie
sollen kinderlos bleiben» (20.21), «ihr Blut soll auf sie kommen» (27). Vgl.
GERSTENBERGER, “Apodiktisches Recht?â€, 19; ID., “Apodictic Law?â€, 141; RUWE,
Heiligkeitsgesetz, 235-241.
(29) RUWE, Heiligkeitsgesetz, 238. Vgl. ferner J. MILGROM, Leviticus 1–16
[1991]. 17–22 [2000] (AncB; New York et al. 1991/2000) 457-460; SCHÜNGEL-
STRAUMANN, Tod und Leben, 141-179.
(30) Gegen GRAF REVENTLOW, “Sein Blutâ€, 318.
(31) Vgl. KOCH, “Spruchâ€, 400-401.