Thomas Hieke, «Das Alte Testament und die Todesstrafe», Vol. 85 (2004) 349-374
Rather than understanding the Old Testament sanction
tmwy twm ("he shall surely be put to death") as a
death penalty edict, one should see it as a parenetic warning. Comparing the
verses which contain mot yumat with the few references to death sentences
and executions, it is to be doubted whether this condemnation was indeed
applicable. The ‘death edicts’ are therefore not ‘law,’ but divine dicta
functioning as deterrents. They formulate things that should not happen under
any circumstances. Hence, they underscore the most important ethical and cultic
maxims.
Das Alte Testament und die Todesstrafe 355
Bestimmung für Totschlag/Mord (vgl. auch Dtn 24,7). Bemerkenswert
ist, dass für «rauben» oder «entführen» sowohl in Ex 21,16 als auch in
Dtn 24,7 das Verb für «stehlen» aus dem siebten Gebot (Ex 20,15; Dtn
5,19) steht, so dass von den Bestimmungen über den Menschenraub
auch der Prohibitiv «du sollst nicht stehlen» eine Vertiefung erfährt:
Es geht im Dekaloggebot nicht nur um Eigentumsdelikte an Sachen
und Tieren, sondern auch um Menschenraub!
c) Vergehen gegen Vater und Mutter
Sowohl das Schlagen (Ex 21,15) als auch das Verfluchen (Ex
21,17; Lev 20,9) der eigenen Eltern wird als so schwerwiegendes
Vergehen eingestuft, dass dafür nur die Todessanktion genannt wird.
Insofern findet sich hier das negative Gegenstück zum Elterngebot im
Dekalog (Ex 20,12; Dtn 5,16). Als Rechtsinstanz wurde das
Familienoberhaupt angenommen, das dann gleichzeitig der Ange-
griffene und derjenige sei, der das Todesurteil spreche und voll-
ziehe (23). Die Nähe zu Sprichwörtern, die die Solidarität der jüngeren
gegenüber der älteren Generation einschärfen und Fehlverhalten
gegenüber den alt gewordenen Eltern brandmarken (Spr 19,26; 20,20;
28,24; 30,17; vgl. Spr 6,20), legt jedoch eine andere Interpretation
nahe: “In Ex 21,15.17 spricht nicht der pater familias in der Vollkraft
seiner Jahre als oberste Rechtsautorität seiner Familie, sondern hier
werden aus weisheitlicher Tradition in der Form apodiktischer
Rechtssätze die erwachsen gewordenen Kinder gewarnt, ihre
gegenüber den alt gewordenen Eltern gewonnene physische (hkn) und
psychische (llq) Überlegenheit nicht zu mißbrauchen†(24).
d) Sexuelle Vorschriften
Eine ganze Reihe von Inzest-Vorschriften und anderen Regeln
für Sexualität und Ehe werden mit der Todesdeklaration versehen (25).
Im Einzelnen sind dies: Verkehr mit einem Tier (Ex 22,18; Lev
(23) Vgl. G. LIEDKE, Gestalt und Bezeichnung alttestamentlicher Rechtssätze.
Eine formgeschichtlich-terminologische Studie (WMANT 39; Neukirchen-Vluyn
1971) 132-133.
(24) SCHWIENHORST-SCHÖNBERGER, Bundesbuch, 220. Vgl. ferner P.R.
CALLAWAY, “Deut 21:18-21: Proverbial Wisdom and Lawâ€, JBL 103 (1984) 341-
352.
(25) Siehe Lev 20; vgl. GERSTENBERGER, Leviticus, 268-275; RUWE,
Heiligkeitsgesetz, 229-241; K. GRÜNWALDT, Das Heiligkeitsgesetz Lev 17–26.
Ursprüngliche Gestalt, Tradition und Theologie (BZAW 271; Berlin – New York
1999).