Burkard Zapff, «Sir 38,1-15 als Beispiel der Verknüpfung von Tradition und Innovation bei Jesus Sirach.», Vol. 92 (2011) 347-367
Si 38,1-15 illustrates how Sirach understands the initially disputed institution of the Hellenistic physician. Against the background of traditional Old Testament beliefs and some Stoic concepts of world order, medicine is seen as part of God’s work of salvation. Rejecting it would even amount to a sin. The Hebrew text of Sirach is astonishingly universalistic. There, the physician’s work is similar to that of Moses, and the physician’s prayer, either Hebrew of Hellenistic, is addressed to the one God. By contrast, the Greek text is more traditional, and presents a more negative view of the physician.
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                           SIR 38,1-15 ALS BEISPIEL DER VERKNÜPFUNG
            fung hinaus als eine Art creatio continua: twpwrt )ycwm Cr)m l) 37.
            Gott wird damit aber in ganz enger Weise als Schöpfer und Ur-
            sprung der Heilmittel ausgemacht, wiewohl die Erde daran
            beteiligt ist. So wird sichergestellt, dass nicht der Arzt, sondern
            Gott Heilender bleibt, sich der Arzt also lediglich der von Gott ein-
            gerichteten Schöpfungsordnung bedient. V. 4b zieht daraus die
            Konsequenz: Ein Einsichtiger, im Sinne eines rational und klug
            handelnden Menschen, orientiert sich an dieser von Gott begrün-
            deten heilvollen Naturordnung und sucht ihr im eigenen Handeln
            zu entsprechen. Auch dies liegt auf der Linie stoischen Denkens,
            wenn es etwa im Zeushymnus des Kleanthes über die Bösewichte
            heißt: “Folgten sie ihr (gemeint ist die gültige Satzung der Gottheit,
            Anm. v. mir) vernünftig, sie führten ein glückliches Leben†38. Die
            Negativaussage “verwirft nicht†s)my l), erinnert an alttestamentliche
            Texte, wo von einem “Verwerfen Gottes†oder seiner Weisungen
            gesprochen wird, vgl. z.B. 1 Sam 10,19; Jer 6,19. Damit aber kommt
            zum Ausdruck, dass die Verwerfung solcher von Gott geschenkter
            Heilmittel im Grunde einer Verachtung des Heilswillens Gottes und
            damit einer Verwerfung Gottes gleichkommt 39. So klingt bereits hier
            jener Grundgedanke an, den dann die Zusammenfassung in V. 15
            entsprechend der hebräischen Fassung formuliert, wonach ein “Groß-
            tun vor dem Arzt†zur Sünde gegen den Schöpfer wird. Dieser allge-
            meine, schöpfungsmäßig begründete Grundsatz von V. 4 wird in V. 5
            durch den Bezug auf die Wasserwundererzählung in Ex 15,25 vor-
            bildhaft unterstrichen. Dabei geht es hier nicht um das eigentlich Wun-
            derbare dieser Erzählung, sondern lediglich darum, dass sich Mose
            aufgrund des Hinweises Gottes eines Stückes Holz als Mittel bediente,
            um das Wasser “sü߆zu machen. Der Rückgriff auf diese Erzählung
            ist klug gewählt, findet sich doch gerade in Ex 15,26 jener bereits zi-
            tierte Grundsatz des Glaubens Israels, dass JHWH der Arzt Israels ist.
            Wie Mose, so ist auch der Arzt demnach nichts anderes als Vollzugs-
            organ des heilenden Jhwh, hat also in Mose, wie bereits oben kurz
            angedeutet, eine Art Paradigma.
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                   Vergleichbares hat WICKE-REUTER, Providenz, 72 für das Verständnis
            von Sir 39,16 deutlich machen können.
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                   Zit. nach EBENER, Dichtungen.
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                   Ähnliches geschieht in Sir 41,4. Dort wird ein Nichtakzeptieren des
            Todesgeschicks mit einem Verwerfen der Weisung des Höchsten gleichge-
            setzt: Nwyl( trwtb s)mt hmw.