Erasmus Gass, «Jahwe oder der Perserkönig? Intertextuelle und semantische Studien zu Jes 40,10», Vol. 92 (2011) 503-527
Due to the chosen vocabulary and to intertextual connections, Isa 40,9-11 hint covertly at the Persian king who is responsible for the political turmoil that also affected the Babylonian Gola. The Persian king is characterized as a triumphant warrior (V. 10) and a caring shepherd (V. 11). Since Cyros administers the duties of a shepherd in Isa 44:28, he might be the one who acts on behalf of Yahweh here.
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Jahwe oder der Perserkönig?
Intertextuelle und semantische Studien zu Jes 40,10
Im letzten Abschnitt des Prologs zur Deuterojesajaschrift Jes 40,9-
11 wird meist ein Bezug zur Rückkehr der Exilierten aus der Baby-
lonischen Gola vermutet 1. Für eine solche Interpretation werden
meist die Bezüge zur Jakobstradition 2 und die Hirtenmetapher
herangezogen. Eine intertextuelle und semantische Analyse lässt
hingegen bereits in Jes 40,10 eine verdeckte Anspielung auf den
Perserkönig erkennen, mit dem im Anschluss ebenfalls die Hirten-
metapher zu verbinden ist. Eine Zuweisung zu einem bestimmten
Perserkönig ð Kyros oder Darius ð ist jedoch schwierig. Da in VV.
9-11 ð wie im Folgenden gezeigt werden soll ð die Rückkehr der
Exilierten nicht im Blick ist, muss nicht notwendigerweise Darius
gemeint sein, zu dessen Zeit eine Rückkehr erst möglich war.
Auch wenn Jes 40,10 aufgrund von semantischen und sprach-
statistischen Argumenten mit einem menschlichen Akteur zu
verbinden ist, handelt dieser sicher nicht ohne die Zustimmung Jah-
wes. Die weltliche und göttliche Handlungsebene können in den
biblischen Texten kaum gegeneinander ausgespielt werden.
1
Vgl. hierzu nur C. WESTERMANN, Das Buch Jesaja. Kapitel 40–66 (ATD
19; Göttingen 1966) 30-31; R. KILIAN, “‘Baut eine Straße für unseren Gott!’
Ãœberlegungen zu Jes 40,3-5â€, Künder des Wortes. Beiträge zur Theologie der
Propheten. FS J. Schreiner (eds. L. RUPPERT – P. WEIMAR – E. ZENGER)
(Würzburg 1982) 53-60, hier 55-56; R.G. KRATZ, Kyros im Deuterojesaja-
Buch (FAT 1; Tübingen 1991) 103; J. WERLITZ, Redaktion und Komposition.
Zur Rückfrage hinter die Endgestalt von Jesaja 40-55 (BBB 122; Berlin 1999)
263; R. ALBERTZ, Die Exilszeit (Biblische Enzyklopädie 7; Stuttgart 2001)
301; B.M. ZAPFF, Jesaja 40-55 (NEB; Würzburg 2001) 231-232; P. HÖFF-
KEN, “Zur Mardukinterpretation in Babylonien mit besonderer Hinsicht auf
Deuterojesajaâ€, BN 125 (2005) 11-23, hier 21; U. BERGES, Jesaja 40–48
(HTKAT; Freiburg 2008) 113. Dagegen aber O. LORETZ, “Die Gattung des
Prologs zum Buche Deuterojesaja (Jes 40,1-11)â€, ZAW 96 (1984) 210-220,
hier 219; R. HUNZIKER-RODEWALD, Hirt und Herde. Ein Beitrag zum alttes-
tamentlichen Gottesverständnis (BWANT 155; Stuttgart 2001) 138, n. 529.
2
Nach ZAPFF, Jesaja, 231-232 vollziehe sich die Rückkehr Jahwes zu-
sammen mit den Exilierten “in Analogie zur Rückkehr des Patriarchen mit
seinem bei Laban (in Haran, Zweistromland [!]) erworbenen Lohnâ€.