Peter Wick, «Jesus gegen Dionysos? Ein Beitrag zur Kontextualisierung des Johannesevangeliums», Vol. 85 (2004) 179-198
The author of the article intends to show, that not just the episode of the "miracle at Cana" (John 2,1-11), but the gospel of John as a whole disputes in an implicit way the worship of Dionysos, which was wide-spread in Syria and Palestine. Jesus is presented as the true son of god, who surpasses the god Dionysos in every way. John represents the old Jewish tradition of disputing the worship of Dionysos. This dispute implies the rejection as well as the surpassing adoption of Dionysian elements. The author of the gospel strengthens the identity of his communities, which are confronted by the Hellenistic world, by arguing as a scripture-rooted Jew within the symbolic world of the Hellenistic mainstream.
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Herrscher eng mit dem Weintrinken verbunden wird (Gen 49,11-12).
Valerius Maximus berichtet von Juden Italiens um 139 v. Chr., die den
Herrn Zebaoth unter dem Namen des oft mit Dionysos gleichgesetzten
Iovis (Juppiter) Sabazius verehrten (41). Diese Gleichsetzung wurde
wahrscheinlich durch den Gleichklang von Jovis Sabazius und JHWH
Zebaoth gefördert. Auf einer 55 v. Chr. geprägten römischen Münze
wird der Sieg über einen orientalischen Bacchius Iudaeus gefeiert (42).
Münzen des Antigonus Mattathias (40-37 v. Chr.) zeigen Efeukränze
und Trauben (43). Aber auch jüdische Münzen aus der Zeit der beiden
Aufstände zeigen dionysische Motive. Solche bleiben nicht nur in der
jüdischen Kunst noch lange präsent (44), sondern finden auch Eingang
in die Haggada. Die großen Tempel aus römischer Zeit im Vorderen
Orient, wie z. B. der sogenannte Bacchustempel in Baalbek oder der
Beltempel in Palmyra, sind besonders in ihrem Eingangsbereich mit
Weinblätter- und Traubenreliefs verziert. Tacitus, Josephus und der
Talmud berichten, daß im Eingangsbereich des Jerusalemer Tempels
ein monumentaler Weinstock aus Gold aufgestellt war, der bei
besonderen Festen mit Trauben und Weinblättern geschmückt wurde
(Tacitus, Hist. 5,5,5; Josephus, Bell. 5,4; Josephus, Ant. 15,395;
bTMiddoth 3,8). Es dürfte klar sein, was dieser für Assoziationen
wenigstens bei nichtjüdischen Besuchern wecken konnte, die die
großen Tempel des hellenistisch-römischen Orients kannten. Offen-
sichtlich gab es einerseits eine interpretatio graeca des jüdischen
Gottes mit Dionysos, die wenigstens für gewisse jüdische Kreise zu
gewissen Zeiten attraktiv war. Andererseits konnte der Kyrios als der
einzige Gott dargestellt werden, der auch in dionysischer Hinsicht den
Dionysos in den Schatten stellte. Im Folgenden möchte ich zeigen, daß
eine solche Strategie im Johannesevangelium mit dem inkarnierten
Logos Gottes verfolgt wird.
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a. Koran Sura 12); O. MARGALITH, “The Kelabim of Ahabâ€, VT 34 (1984) 228-
232 zur Verbreitung des Cybele/Dionysoskults unter Jesebel in Israel.
(41) Valerius Maximus 1.3.2: “Iudaeos qui Sabazi Iovis cultu Romanos
inficere mores conati erant repetere domos suas coegitâ€; Interpretation bei
MOMIGLIANO, “Romansâ€, 242-244.
(42) MOMIGLIANO, “Romansâ€, 241.
(43) A. REIFENBERG, Ancient Jewish Coins (Jerusalem 21947) 42.
(44) E.R. GOODENOUGH, Jewish Symbols in the Graeco-Roman Period (New
York 1953-1968). Bemerkenswert ist auch, daß das berühmte Bacchusrelief von
Sepphoris, das in einem wahrscheinlich heidnischen Haus gefunden worden ist,
aus der Zeit stammt, als Rabbi Juda dort die Mishna redigierte; dazu R. TALGAM,
“Dionysos in the Mosaics of Eretz-Israelâ€, Dionysos and His Retinue, 28-30.