Peter Wick, «Jesus gegen Dionysos? Ein Beitrag zur Kontextualisierung des Johannesevangeliums», Vol. 85 (2004) 179-198
The author of the article intends to show, that not just the episode of the "miracle at Cana" (John 2,1-11), but the gospel of John as a whole disputes in an implicit way the worship of Dionysos, which was wide-spread in Syria and Palestine. Jesus is presented as the true son of god, who surpasses the god Dionysos in every way. John represents the old Jewish tradition of disputing the worship of Dionysos. This dispute implies the rejection as well as the surpassing adoption of Dionysian elements. The author of the gospel strengthens the identity of his communities, which are confronted by the Hellenistic world, by arguing as a scripture-rooted Jew within the symbolic world of the Hellenistic mainstream.
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gehören, und ihm gerade durch Tanz huldigen (26), stehen hier deutlich
im Hintergrund. Weil dieser Tanz in einer trancenhaften Raserei
geschah, wurden sie in Ableitung vom Verb “rasenâ€/ maivnomai als
Mänaden oder als Bacchantinnen (27) bezeichnet. Überhaupt gehörte
die Raserei unmittelbar zur Dionysosverehrung (28). Festumzüge für
Dionysos waren bei den Diadochen beliebt. Allerdings kann bei der
jüdischen Übernahme dionysischer Motive für festliche Begehungen
auch eine gewisse Abgrenzung festgestellt werden, da hier nicht von
Raserei und nicht von Efeu- oder Weinlaubkränzen, sondern von
solchen aus Olivenzweigen die Rede ist. Sowohl Tacitus (Hist. 5,5) als
auch Plutarch (Quaestiones Convivales 4,671d-672b) berichten über
den bacchantischen Charakter von Feierlichkeiten am Jerusalemer
Tempel (29).
Das dritte Makkabäerbuch erzählt, wie die Juden Ägyptens vom
Bacchus-Verehrer Ptolemäus IV (222-204 v. Chr.) (30) zur Dionysos-
verehrung gezwungen wurden und wie ihr Gott sie rettete: Ptolemäus
befahl, daß alle Juden, die sich weigerten, an Opferhandlungen
teilzunehmen, mit dem dionysischen Zeichen des Efeublatts gebrand-
markt werden sollten. Juden, die freiwillig den dionysischen Mysterien
beitreten würden, versprach er das Bürgerrecht (3 Makk 2,29-30). Als
nächsten Schritt plante er die Vernichtung aller ägyptischen Juden.
Einen ersten Vernichtungsversuch vereitelte Gott, indem er dem
Ptolemäus nach dem Weingelage süßen und tiefen Schlaf sandte, so
daß dieser zu spät aufwachte (3 Makk 5,3.11-12). In den Bacchan-
tinnen des Euripides wird der Weingott als Spender des Schlafes
gerühmt. Er ist dort auch derjenige, der durch den Weingenuß
Vergessen verursacht (Euripides, Bacch. 282). Weitere Versuche des
Ptolemäus durchkreuzte Gott, indem er ihn nach durchzechter Nacht
von einem vollständigen Vergessen befallen ließ (3 Makk 5,16-
17.22.27-28), ihm den Verstand nahm (3 Makk 5,30-31) und ihn so als
verrückt erscheinen ließ. Gott richtete die Raserei der Elephanten
gegen diejenigen, die sie zwecks Zertrampelung der Juden mit Wein
(26) Z. B. Euripides, Bacch. 220.
(27) Von bakceuvw: rasen; berauscht sein.
(28) Z. B. Euripides, Bacch. 305.
(29) W.R. TELFORD, “More fruit from the withered tree: Temple and fig-tree in
Mark from a Graeco-Roman perspectiveâ€, Templum Amicitiae (Hrsg. W.
HORBURY) (Sheffield 1991) 264-304, 286-287.
(30) Dazu A. MOMIGLIANO, “The Romans and the Maccabeesâ€, Jewish
History. Essays in Honour of Chimen Abramsky (Hrsg. A. RAPOPORT – ALBERT
– St.J. ZIPPERSTEIN) (London 1988) 240.