Peter Wick, «Jesus gegen Dionysos? Ein Beitrag zur Kontextualisierung des Johannesevangeliums», Vol. 85 (2004) 179-198
The author of the article intends to show, that not just the episode of the "miracle at Cana" (John 2,1-11), but the gospel of John as a whole disputes in an implicit way the worship of Dionysos, which was wide-spread in Syria and Palestine. Jesus is presented as the true son of god, who surpasses the god Dionysos in every way. John represents the old Jewish tradition of disputing the worship of Dionysos. This dispute implies the rejection as well as the surpassing adoption of Dionysian elements. The author of the gospel strengthens the identity of his communities, which are confronted by the Hellenistic world, by arguing as a scripture-rooted Jew within the symbolic world of the Hellenistic mainstream.
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älter als das Evangelium. Michael Labahn stellt in seiner traditions-
geschichtlichen Untersuchung zu den Wundern bei Johannes hinsicht-
lich der Kana-Perikope fest: “Religionsgeschichtlich ist die Relation
zu den dionysischen Mysterien zu beachten. ... Die übernatürliche,
wunderhafte Wandlung steht für die Epiphanie Jesu nach dem Muster
des Dionysosâ€. “Die Gegenüberstellung von Jesus zu Dionysos läßt
Jesus als Gott erscheinenâ€(13). Sie entspricht einem missionarischen
Interesse. Der Evangelist übernimmt diese Geschichte und fügt sie in
eine auf die johanneische Gemeinde ausgerichtete Erbauungs-
geschichte ein (14). Die Verwendung von Dionysos als “Sprach- oder
Bildmodellâ€(15) in Joh 2,1-11 ist also für ihn wie für Lütgehetmann
eindeutig älter als das Evangelium.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß heute in
Einzeluntersuchungen zum Weinwunder in der Regel mit einem
dionysischen Hintergrund gerechnet wird und allein das Ausmaß des
alttestamentlich-jüdischen Einflusses umstritten bleibt. Little hat aber
gezeigt, daß die Hochzeit zu Kana weder eine exakte Kopie einer
alttestamentlichen Geschichte noch eines einzigen Dionysosmythos
ist. Deshalb muß schon aus methodischen Gründen mit bewußten
Anspielungen auf diese beiden Bereiche gerechnet werden, wenn nicht
jeglicher Rückgriff auf Traditionen bestritten werden soll (16).
Bei neueren Arbeiten zum ganzen Evangelium zeigt sich hingegen
ein anderes Bild. Bei der Behandlung der Kana-Perikope wird der
dionysische Hintergrund nicht immer thematisiert und manchmal
sogar bestritten (17). Ich meine, daß es dafür sachliche Gründe gibt.
Erstens: Hinter Noetzel konnte nicht mehr zurückgekehrt werden. Joh
2,1-11 ist auch in seiner Grundsubstanz keine Ãœbertragung eines
einzigen Dionysosmythos. Zweitens: Sowohl Lütgehetmann als auch
Labahn kommen in ihren diachronen Analysen zu dem Schluß, daß die
Auseinandersetzung mit Dionysos auf der Ebene des Evangelisten
keine Rolle mehr spielt, sondern deutlich älter ist. Auch nach Hengel
muß das dionysische Kolorit für die Intention des Verfassers keine
(13) M. LABAHN, Jesus als Lebensspender. Untersuchungen zu einer
Geschichte der johanneischen Tradition anhand ihrer Wundergeschichten
(BZNW 98; Berlin – New York 1999) 159.
(14) LABAHN, Jesus als Lebensspender, 166-167.
(15) LABAHN, Jesus als Lebensspender, 158.
(16) LITTLE, Wine of Cana, 49-53.
(17) Zur Literatur, die mit einem dionysischen Einfluß rechnet s. LABAHN,
Jesus als Lebensspender, 149 Anm. 155.