Corinna Körting, «Sach 5,5-11 – Die Unrechtmäßigkeit wird an ihren Ort verwiesen», Vol. 87 (2006) 477-492
The article discusses two issues related to the seventh vision of Zechariah. First,
it deals with the question of how a secondary revision of the text — or, more
precisely, the introduction of the women — changes the entire perspective of the
vision. Secondly, this new perspective is looked upon in its cultic aspects and in
its relation to the eight visions. Viewed this way the vision presents a kind of
fundamental liberation of the land and of its inhabitants, without any comparison
in the Old Testament, inasmuch as guilt and wickedness will be taken back to
their place of origin.
Sach 5,5-11 485
v. 11 soll der Frau im Lande Sinear ein Haus gebaut und sie soll auf
ein Podest gestellt werden. Es ist kaum möglich, unter dem Haus etwas
anderes als einen Tempel zu verstehen (32). Das Podest wird dann zum
Sockel der Götterstatue. Ob es sich bei der Frau tatsächlich um eine in
Israel verehrte Göttin handelt oder um das personifizierte Schlechte,
das nun in Sinear wie eine Göttin verehrt werden soll, läßt sich auch
mit Blick auf v. 11 kaum sagen. Unter der Prämisse der Wieder-
herstellung göttlicher Ordnung im Lande ist beides möglich (33).
In Jerusalem erhält Jhwh sein Haus (Sach 1,16), die Unrecht-
mäßigkeit jedoch in Sinear. Darin wird gern ein Platztausch gesehen.
Jhwh kehre aus Babylon zurück während die h[vr dorthin gebracht
werde. Doch muß nach Sacharja nicht Jhwh zurückkehren(34), sondern
das Volk. Zudem wird die Unrechtmäßigkeit nicht nach Babylon,
sondern nach Sinear, dem Ursprungsort widergöttlichen Verhaltens,
gebracht. Es ist der Ort, an dem die Menschheit versuchte, die
Schranke zwischen Gott und Mensch aufzuheben (35). Während Jhwh
als Herrscher der Welt thront, steht die Unrechtmäßigkeit auf einem
Sockel, wie die von DtJes verpönten Götzenbilder (s. Jes 44,13), in
dem Land menschlicher Ãœberheblichkeit. Der h[vr werden nicht Ehre
und Anbetung, sondern Hohn und Spott zuteil (36).
3. Die Entfernung von Schuld und das Ziel Sinear
Das siebte Nachtgesicht Sacharjas beschreibt in eindrücklichen
Bildern die Befreiung Israels von Schuld und Unrechtmäßigkeit. Der
(32) Vgl. MASON, Haggai, 58. H. Delkurt liest die Passage im Kontext von
Gen 11 (Sacharjas Nachtgesichte, 268). S.a. HANHART, Sacharja, 376.
(33) Vgl. dazu Jer 16,18 und auch 2 Chr 24,7. Andere Voraussetzungen nach
Hos 10,5f.
(34) So vor allem H. Gese (“Anfang und Ende der Apokalyptik, dargestellt am
Sacharjabuchâ€, 219). In Sach 1,3 heißt es aber: “Kehrt um zu mir, Spruch Jhwh
Zebaoths, und ich kehre um zu euchâ€. S.a. Sach 1,16; 8,3: Jhwh hat sich Zion
zugewandt. Vgl. auch P. MARINKOVIC, “Was wissen wir über den zweiten Tempel
aus Sach 1-8?â€, Konsequente Traditionsgeschichte. FS K. Baltzer (Hg. R.
BARTELMUS u.a.) (OBO 126; Göttingen – Freiburg, Schweiz 1993) 288).
(35) Vgl. auch RUDOLPH, Haggai, 120. Sinear (Gen 10,10; 11,2; 14,1.9; Jos
7,21; Jes 11,11; Dan 1,2) bezeichnet einen urzeitlichen Ort, der für “hochmütig-
sündhaftes Tun†steht (vgl. DELKURT, Sacharjas Nachtgesichte, 266). Allein Dan
1,2 ist als Hinweis auf eine Gleichsetzung von Sinear mit dem Land des Exils zu
lesen. Hier wird Sinear als historischer Ort verstanden, während er, auch in Sach
5, eine urzeitliche Größe ist. Anders BODA, “Terrifying the Horns: Persia and
Babylon in Zechariah 1:7-6:15â€, 27-28.
(36) S.a. Ez 7,21. Vgl. BIÇ, Das Buch Sacharja, 78; RUDOLPH, Haggai, 121.
Anders SALS, Hure Babylon, 193,196; ACHTEMEIER, Nahum-Maleachi, 129.