Corinna Körting, «Sach 5,5-11 – Die Unrechtmäßigkeit wird an ihren Ort verwiesen», Vol. 87 (2006) 477-492
The article discusses two issues related to the seventh vision of Zechariah. First,
it deals with the question of how a secondary revision of the text — or, more
precisely, the introduction of the women — changes the entire perspective of the
vision. Secondly, this new perspective is looked upon in its cultic aspects and in
its relation to the eight visions. Viewed this way the vision presents a kind of
fundamental liberation of the land and of its inhabitants, without any comparison
in the Old Testament, inasmuch as guilt and wickedness will be taken back to
their place of origin.
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umfassende Perspektive. Die Befreiung von Schuld gilt Israel.
Dennoch wird die Schuld nicht einfach über die Landesgrenze oder in
die Wüste getragen. Sie wird an ihren in der Menschheitsgeschichte
tief verankerten Ursprungsort gebracht (42).
Für die Prophetie Sacharjas ist von Bedeutung, daß es sich bei dem
Geschauten um einen einmaligen Akt handelt, der grundsätzlich neue
Bedingungen schafft, während die Sühnerituale des priesterlichen
Kultes auf Wiederholung angelegt sind. Das Land wird grundsätzlich
von der h[vr befreit, sie geht an ihren Ursprungsort zurück. Eine neue,
gerechte Ordnung wird dadurch im Lande geschaffen.
Mit der Überarbeitung wurde der Terminus ˆw[ in das Nachtgesicht
eingetragen. Er ist, außer in Sach 5,6 innerhalb des Sacharjabuches nur
noch im Kontext der Investitur Josuas (Sach 3,1-7.8-10; in den vv. 4.9)
verwendet worden. Nach Sach 3,4 wird Josua zum Zeichen seiner
Reinigung von Schuld (ˆw[) mit neuen Gewändern eingekleidet. In der
sich an die Vision anschließenden Verheißung des Knechts wird
zugesagt, daß nicht nur, wie zuvor beschrieben, die Schuld Josuas
beseitigt werden soll, sondern die des ganzen Landes – an einem Tag.
Genau dies ist es, was nach Sach 5,5-11 geschieht, als einmaliger Akt.
Aus dieser Perspektive liest sich die Einfügung der Frau im Efa als
eine notwendige Folge aus Sach 3,9. Doch ist das Verhältnis der
beiden Texte nicht allein über das Stichwort ˆw[ zu klären. Während in
Sach 3,9 von “der Schuld jenes Landes†die Rede ist, heißt es in Sach
5,6 “ihre Schuld im ganzen Landâ€. Das Pronominalsuffix der 3.m.pl.
in Sach 5,6 verweist auf die Schuld jedes einzelnen. Jeder, der im
Lande schuldig wird und damit gottgewollte Ordnung stört, ist
angesprochen. Es scheint, als gäbe es zwischen den beiden Aussagen
letztlich keinen Unterschied, denn im Ergebnis wird das Land von
Schuld (ˆw[) befreit. Doch während nach Sach 5,6 der Blick auf die
Verfehlungen jedes einzelnen gerichtet ist, ist nach Sach 3,9 das Land
selbst schuldig geworden. Stellt man die Passagen, in denen ˆw[ im
Kontext der Nachtgesichte Sacharjas erwähnt wird, zusammen, so
ergibt sich folgende Trias: Befreiung von Schuld (ˆw[) sollen der
Hohepriester (43), das Land und das Volk erfahren. Aus redaktions-
geschichtlicher Perspektive liegt folglich die Annahme nahe, daß die
(42) S.a. DELKURT, Sacharjas Nachtgesichte, 269.
(43) Der Vorgang ist als eine Reinigung stellvertretend für das Volk zu
verstehen (vgl. RIGNELL, Nachtgesichte, 142-143; JEREMIAS, Nachtgesichte, 208)
und als eine Reinigung seiner Person (vgl. auch ELLIGER, Die Propheten, 121).
S.a. Lev 4; 16.