Corinna Körting, «Sach 5,5-11 – Die Unrechtmäßigkeit wird an ihren Ort verwiesen», Vol. 87 (2006) 477-492
The article discusses two issues related to the seventh vision of Zechariah. First,
it deals with the question of how a secondary revision of the text — or, more
precisely, the introduction of the women — changes the entire perspective of the
vision. Secondly, this new perspective is looked upon in its cultic aspects and in
its relation to the eight visions. Viewed this way the vision presents a kind of
fundamental liberation of the land and of its inhabitants, without any comparison
in the Old Testament, inasmuch as guilt and wickedness will be taken back to
their place of origin.
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Vorgang selbst wie auch das für die Unrechtmäßigkeit (h[vr) gewählte
Ziel sind aus alttestamentlicher Perspektive so ungewöhnlich, daß sie
nun noch einmal genauer betrachtet werden sollen.
Mit dem Vorgang des Entfernens von Schuld wird ein Konzept
aufgenommen, das sich auch in den priesterlichen Sühneritualen
wiederfindet, im Azazel-Ritus (Lev 16) sowie in den Blutriten gegen
Aussatz (Lev 14,1-32.33-53). Nach Lev 16 wird ein Ziegenbock, nach
Lev 14 wird ein mit Sühnblut besprengter Vogel fortgeschickt. Die
stofflich gebundene Schuld bzw. Krankheit wird entfernt, weggebracht
aus dem Bereich des Lebens.
Delkurt hat sich in einem im Jahr 2000 erschienenen Aufsatz sehr
deutlich gegen jeglichen Bezug der Nachtgesichte Sacharjas zum
priesterlichen Kult Israels ausgesprochen (37). Er kritisiert eine
Forschungsrichtung, die Sacharjas Verkündigung in eine Reihe mit
dem Verfassungsentwurf Ezechiels und mit Haggai stellen will, und
als das Hauptinteresse dieser prophetischen Texte den Tempelbau und
die Wiedererrichtung des Tempelkultes definiert (38). Delkurt
untersucht einzelne Begriffe und Motive der Nachtgesichte und
kommt in erster Linie aufgrund von mangelnder terminologischer
Ãœbereinstimmung zu dem besagten Urteil.
Nun ist ihm zumindest darin Recht zu geben, daß Sacharja kaum
eine priesterlich-kultische Terminologie verwendet. Seine Folgerung:
“Damit scheint Sacharja zwar nicht ausdrücklich, aber durch seine
literarischen Techniken doch unverkennbar einen Gegenentwurf zu
bestimmten priesterlichen Konzepten der frühnachexilischen Zeit zu
entwerfen†(39), geht jedoch in die falsche Richtung. Priesterlich-
kultische Konzepte zeigen sich durchaus, in Bezug auf Sühnevor-
stellungen oder in Bezug auf die räumliche Wahrnehmung von
Heiligkeit. Ihre Wandlung in prophetischer Rede ist kaum als
Gegenentwurf zu bezeichnen, wenn er in erster Linie durch eine
Verweigerung des Aufgreifens einer bestimmten Terminologie
gekennzeichnet ist. So ist Delkurt entgegenzuhalten, daß prophetische
(37) Vgl. S.H. DELKURT, “Sacharja und der Kultâ€, Verbindungslinien. FS
W.H. Schmidt (Hg. A. GRAUPNER u.a.) (Neukirchen-Vluyn 2000) 39. S.a.
RUDMAN, “Zechariah 5 and the Priestly Lawâ€, 196-198.
(38) Vgl. DELKURT, “Sacharja und der Kultâ€, 28. Er bezieht sich u.a. auf
SEYBOLD, Bilder, 107; G. SAUER, “Serubbabel in der Sicht Haggais und
Sacharjasâ€, Das ferne und nahe Wort. FS L. Rost (Hg. F. MAAS) (BZAW 105;
Berlin 1977) 206.
(39) Vgl. DELKURT, “Sacharja und der Kultâ€, 39.