Florian Kreuzer, «Der Antagonist: Der Satan in der Hebräischen Bibel – eine bekannte Größe?», Vol. 86 (2005) 536-544
Considering the figure of N+#) in the Hebrew Bible, the attempt to reconstruct a
figure which already existed in the imaginary world of Ancient Israel in biblical
times must fail. Zech 3 and Job 1-2 obstruct the development of a precise image
out of YHWH’s environment. The texts achieve that by their inherent vagueness
of description. For this reason the antagonistic element necessary for the dramatic
plot of both texts does not consist in an already existing, known being. It is
rather named by the abstract term ‘the opponent’, in Hebrew "N+#)".
Der Antagonist Der Satan in der Hebräischen Bibel 537
Ausnahmen von dieser Regel (6) vermögen für ˆfç nicht zu überzeugen (7), die
Verbindung mit der Wurzel fwç in Ijob 1,7 und 2,2 ist als Volksetymologie zu
bewerten (8). Dennoch bleibt die Aussage über das Umherschweifen auf der
Erde und das Wandeln auf ihr als Aussage über die Figur ˆfçh bestehen und
könnte als “Spionagetätigkeit†im göttlichen Auftrag gewertet werden. Bereits
1968 wies Adolf Leo Oppenheim auf Informanten an altorientalischen
Herrscherhäusern hin, die als “eyes of the king†in einer Art geheimdienstlicher
Tätigkeit dem Herrscher über Fehlverhalten der Untertanen berichteten (9). Die
darauf bezugnehmende Interpretation von ˆfçh als “Eyes of the Lord†trifft sich
inhaltlich mit der These Albert Brock-Utnes von ˆfçh als “Verleumder†(10):
Menschen werden durch ˆfçh vor JHWH diffamiert.
Tatsächlich kommen in der Hebräischen Bibel “Augen JHWHs†vor, die
auf der Erde umherstreifen (Sach 4,10; 2 Chr 16,9), wie es auch ˆfçh im Buch
Ijob tut (vgl. Ijob 1,7;2,2), die Beschreibung der “Augen JHWHs†in Sacharja
jedoch scheinen sich nicht auf ˆfçh zu beziehen. Auch könnten die Dialoge
Ijob 1,7-12 und 2,2-7 als eine Art Diffamierung des Untertanen Ijob
aufgefasst werden. Ob das Auftreten von ˆfçh in Sach 3,1 in einer
Diffamierung bestanden hätte, ist nicht festzustellen, da es nicht zur
Ausführung seiner Tätigkeit kommt.
(3) Die Wurzel ˆfç und ihre Nebenform µfç findet sich 43 mal in 38
Versen der Hebräischen Bibel:
Nomen mit Artikel (17) Sach 3,1-2; Ijob 1,6-9.12; 2,1-4.6-7
ˆfç
(35) ohne Artikel (10) Num 22,22.32; 1 Sam 29,4; 2 Sam 19,23; 1 Kön
ˆfç
(27) 5,18; 11,14.23.25; Ps 109,6; 1 Chr 21,1
Nomen hnfç (2) Gen 26,21; Esra 4,6
Partizip (3) Ps 71,13; 109,20.29
Infinitiv (1) Sach 3,1
sonstige Verbalformen (2) Ps 38,21; 109,4
Nomen hmfçm (2) Hos 9,7-8
µfç
(8) Verbalformen (6) Gen 27,41; 49,23; 50,15; Ps 55,4; Ijob 16,9;
30,21
Setzte man die Bedeutung der Wurzel als unbekannt voraus, könnte man
aus dem Kontext eine Grundbedeutung erschließen, die sich im Wortfeld von
“in Opposition stehen†bzw. “sich in Opposition stellen†finden ließe (11). Eine
(6) Vgl. C. BROCKELMANN, Grundriss der vergleichenden Grammatik der semitischen
Sprachen (Berlin 1908 = Hildesheim 1961) II, 388 (§ 210c); J. BARTH, Die Nominalbildung
in den semitischen Sprachen (Leipzig 21894 = Hildesheim 1967) 318 (§194b).
(7) Vgl. DAY, An Adversary, 18-19.
(8) Vgl. NIELSEN, “ˆf;c;â€, 746.
(9) Vgl. A.L. OPPENHEIM, “The Eyes of the Lordâ€, JAOS 88 (1968) 173-180.
(10) Vgl. A. BROCK-UTNE, “«Der Feind». Die alttestamentliche Satansgestalt im Lichte
der sozialen Verhältnisse des nahen Orientsâ€, Klio 28 (1935) 219-227.
(11) Aus einer bedeutungseinschränkenden Übersetzung mit “anklagen†folgt eine
forensische Interpretation der Rolle von ˆfçh als “himmlischer Staatsanwaltâ€. Vgl. G. V.
RAD, “diabavllw, diavbolo"â€, TWNT II, 71-74. Ein Amt öffentlicher Strafverfolgung ist
im Alten Orient aber nicht bekannt. Vgl. A. LODS, “Les origines de la figure Satan. Ses
functions à la cour célesteâ€, Mélanges Syriens offerts à Monsieur René Dussaud par ses
amis et ses élèves (Hrsg. F. CUMONT ET AL.) (Paris 1939) II, 649-660; H.J. BOECKER, Recht
und Gesetz im Alten Testament und im Alten Orient (Neukirchener Studienbücher 10;
Neukirchen-Vluyn 21970) 16.