Florian Kreuzer, «Der Antagonist: Der Satan in der Hebräischen Bibel – eine bekannte Größe?», Vol. 86 (2005) 536-544
Considering the figure of N+#) in the Hebrew Bible, the attempt to reconstruct a
figure which already existed in the imaginary world of Ancient Israel in biblical
times must fail. Zech 3 and Job 1-2 obstruct the development of a precise image
out of YHWH’s environment. The texts achieve that by their inherent vagueness
of description. For this reason the antagonistic element necessary for the dramatic
plot of both texts does not consist in an already existing, known being. It is
rather named by the abstract term ‘the opponent’, in Hebrew "N+#)".
Der Antagonist Der Satan in der Hebräischen Bibel 541
1 Kön 22,19 / 2 Chr 18,18 das ganze Heer der Himmel bei ihm stehend
hwhy
zu seiner Rechten und seiner Linken
Ps 82,1 in der Gottesversammlung
µyhla
inmitten der Götter
Jes 6,1-2 Serafim über ihm stehend
ynda
Ijob 1,6; 2,1 Es kamen die µyhlah ynb, um JHWH ihre
hwhy
Aufwartung zu machen
Wie sind diese Versammlungen jeweils zu charakterisieren? Handelt es
sich um Audienzen im Thronsaal Gottes, Gerichtsszenen, Schilderungen
einer himmlischen Ratsversammlung, ungezwungene Treffen göttlicher We-
sen? Die Antwort wird für die oben genannten Beispiele aus dem jeweiligen
Kontext heraus je anders lauten. So scheint 1 Kön 22,19 bzw. 2 Chr 18,18 die
Züge einer Ratsversammlung zu tragen, Psalm 82,6 spricht vom Richten
(fpç) Gottes. Ein wiederkehrendes Element ist das des Thrones (ask, 1 Kön
22,19, 2 Chr 18,18, Jes 6,1), auf dem Gott sitzt. Der Thron aber kann
wiederum auch Ort des Richtens sein (vgl. 1 Kön 7,7; Ps 9,5; Jes 16,5).
Wie nun lässt sich die “himmlische†Versammlung im Ijob-Prolog
charakterisieren? In Ijob 1,6 erfährt man über die µyhlah ynb, dass sie
kommen, um sich vor JHWH hinzustellen (hwhyAl[ bxythl). Diese Aussage
bedarf genauerer Betrachtung.
Die Formulierung l[ bxy tritt in Verbindung mit einer Person (bzw.
JHWH) nur noch an zwei weiteren Stellen auf, wo sie sich auf Gott (Sach 6,5)
und König Rehabeam (2 Chr 11,13) bezieht. Es erscheint also wahrscheinlich,
dass diese Formulierung verwendet wird, wenn ein Geringerer sich vor einem
Höhergestellten “aufstellt†im Sinne von “seine Aufwartung machenâ€.
Erhärtet wird diese Vermutung durch die Verwendung der Wurzel bxy
innerhalb der Konstruktion ynpl bxy, die ebenfalls in Situationen der
Begegnung mit jemand Hochgestelltem verwendet wird: Ex 8,16; 9,13; Jos
24,1; 1Sam 10,19; Spr 22,29. Von einem “ungezwungenen Treffen göttlicher
Wesen†ist also nicht auszugehen. Von den drei übrigen der oben genannten
Möglichkeiten trifft der Begriff der “Audienz†am ehesten das nun folgende
Geschehen des Gesprächs zwischen JHWH und ˆfçh. Weder steht Ijob wie
bei einem Gerichtsverfahren unter Anklage — ihm wird ja kein begangenes
Verbrechen vorgeworfen — noch findet das Gespräch als “himmlische
Ratsversammlung†— also unter Beteiligung der anderen µyhlah ynb (19) —
statt.
Die Initiative zu den Gesprächen Ijob 1,7-12 und 2,2-7 ergreift jeweils
JHWH, indem er ˆfçh fragt, woher er komme (Ijob 1,7a; 2,2a). Er habe sich
auf der Erde aufgehalten (Ijob 1,7b; 2,2b). JHWH stellt eine zweite Frage:
Ob er auf Ijob seinen Sinn gerichtet (bl µyç) habe (Ijob 1,8a; 2,3aa). Eine
Antwort wird aber nicht abgewartet, werden doch durch die folgenden
Worte die vorherigen Fragen als rhetorische entlarvt: Ijob und seine
Rechtschaffenheit sollen ins Gespräch gebracht werden (Ijob 1,8a; 2,3ab-b).
Seine Untadeligkeit wird von ˆfçh nicht bestritten, jedoch relativiert, indem er
ihm eine Gesinnung des do ut des unterstellt: Die herausragende Frömmigkeit
Ijobs stehe in direktem Zusammenhang mit der herausragenden Güte JHWHs
(19) In 1 Kön 22,20 bzw. 2 Chr 18,19 ist die Beteiligung aller Anwesenden der Fall.