Florian Kreuzer, «Der Antagonist: Der Satan in der Hebräischen Bibel – eine bekannte Größe?», Vol. 86 (2005) 536-544
Considering the figure of N+#) in the Hebrew Bible, the attempt to reconstruct a
figure which already existed in the imaginary world of Ancient Israel in biblical
times must fail. Zech 3 and Job 1-2 obstruct the development of a precise image
out of YHWH’s environment. The texts achieve that by their inherent vagueness
of description. For this reason the antagonistic element necessary for the dramatic
plot of both texts does not consist in an already existing, known being. It is
rather named by the abstract term ‘the opponent’, in Hebrew "N+#)".
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ihm gegenüber (Ijob 1,9-11). JHWH lässt ˆfçh den Beweis seiner These
antreten, indem er ihm uneingeschränkte Gewalt über Ijobs Besitz —
zunächst jedoch nicht über ihn selbst — zusagt (Ijob 1,12a). Davon macht
ˆfçh in den Schicksalsschlägen Ijob 1,13-19 Gebrauch. Obwohl der so
Geschädigte immer noch in vorbildlicher Weise an seiner Frömmigkeit
festhält, relativiert ˆfçh dies wiederum im zweiten Gespräch (Ijob 2,4-5). In
diesem Zusammenhang ist auffällig, dass JHWH selbst sich verantwortlich
für das Leid Ijobs sieht: ˆfçh hätte ihn gereizt (tws), Ijob auf die Probe zu
stellen (Ijob 2,3). Dennoch darf ˆfçh dem Leidenden mit Geschwüren am
ganzen Körper versehen (Ijob 2,7). Danach ist von ihm keine Rede mehr.
Misst man der Bezeichnung ˆfçh für das Wesen des Ijobprologs eine
Bedeutung zu, so stellt sich die Frage, zu wem diese Figur in Opposition
steht. Als Möglichkeiten ergeben sich entweder die Opposition zu JHWH
oder die zu Ijob. Im letzten Fall könnten die Bezeichnungen ˆfçh und bwya
gemäß der semantischen Teilentsprechung zwischen ˆfç und bya antithetisch
korrespondieren: Fasst man den Namen bwya passivisch als “Angefeindeterâ€
(= “Person, zu der sich in Opposition gestellt wirdâ€) auf (20), ergäbe dies eine
mögliche Entsprechung zu “der Opponentâ€.
c) Zusammenfassung der Aussagen über ˆfçh
Als eine gemeinsame Aussage der Bücher Sacharja und Ijob lässt sich
festhalten, dass es sich bei ˆfçh um ein supranaturales Wesen in göttlichem,
“himmlischem†Umfeld handelt. Im Ijobprolog entfaltet sich gar ein Dialog
zwischen ihm und JHWH, während in der vierten Vision des Sacharja ˆfçh an
jedem Handeln gehindert wird. Aus den Texten geht nicht hervor, ob ˆfçh in
Sacharja und Ijob jeweils dasselbe Wesen bezeichnet, oder ob in beiden
Passagen ein je anderes Wesen die Aufgabe des sich-in-Opposition-Stellens
übernimmt, und aus diesem Grund mit der Kurzbeschreibung ˆfçh versehen
wird.
3. ˆfçh als literarische Figur
Üblicherweise gehen Interpretationen von ˆfçh in der Hebräischen Bibel
davon aus, dass ein solches Wesen in der Vorstellungswelt Israels zur Zeit der
Abfassung der alttestamentlichen Schriften existiert hätte. Die Bücher
Sacharja und Ijob ließen somit einen bekannten Charakter auftreten (21).
Zuwenig wurde bisher bedacht, dass es sich bei ˆfçh ebenso um eine
literarische Figur handeln könnte, die erstmals in den alttestamentlichen
Büchern auftaucht, zuvor aber unbekannt war (22). Im folgenden soll eine
Hypothese erörtert werden, nach der ˆfçh zunächst eine rein literarische Figur
(20) Freilich wäre dies eine Volksetymologie. Zum Namen bwya vgl. F. HORST, Hiob
(BKAT 16/1; Neukirchen-Vluyn 1968) 7-8. Vgl. auch F. GRADL, Das Buch Ijob (Neuer
Stuttgarter Kommentar zum Alten Testament 12; Stuttgart 2001) 33.
(21) Der bestimmte Artikel und die knappen, zum Teil undurchsichtigen Belege von
ˆfçh in der Hebräischen Bibel könnten durchaus in diese Richtung weisen.
(22) Ebenfalls eine primär nur literarische Existenz bescheinigt der Figur H.-J.
FABRY, “‘Satan’ – Begriff und Wirklichkeit. Untersuchungen zur Dämonologie der
alttestamentlichen Weisheitsliteraturâ€, Die Dämonen. Die Dämonologie der israelitisch-
jüdischen und frühchristlichen Literatur im Kontext ihrer Umwelt (Hrsg. A. LANGE)
(Tübingen 2003) 286.