Florian Kreuzer, «Der Antagonist: Der Satan in der Hebräischen Bibel – eine bekannte Größe?», Vol. 86 (2005) 536-544
Considering the figure of N+#) in the Hebrew Bible, the attempt to reconstruct a
figure which already existed in the imaginary world of Ancient Israel in biblical
times must fail. Zech 3 and Job 1-2 obstruct the development of a precise image
out of YHWH’s environment. The texts achieve that by their inherent vagueness
of description. For this reason the antagonistic element necessary for the dramatic
plot of both texts does not consist in an already existing, known being. It is
rather named by the abstract term ‘the opponent’, in Hebrew "N+#)".
Der Antagonist Der Satan in der Hebräischen Bibel 543
ist, die zur Zeit ihrer ersten Erwähnung in den Büchern der Hebräischen Bibel
keinen Platz in der religiösen Glaubenswelt des damaligen Judentums hatte.
Die Hauptfigur, der “Held†eines Werkes wird in der Literaturwissen-
schaft auch als “Protagonist†bezeichnet. Steht diesem ein Gegenspieler
gegenüber, spricht man vom “Antagonistenâ€. Schon der Titel des Buches Ijob
weist diesen als dessen “Helden†aus. Nicht für das gesamte Buch Sacharja,
jedoch für die Vision, wie sie in Kapitel drei geschildert wird, nimmt die
Rolle des Protagonisten der Hohepriester Jeschua oder aber der Engel
JHWHs ein. Diese beiden kommen auch in Frage, wenn man nach dem
Objekt fragt, auf das sich das durch wntçl ausgedrückte Vorhaben von ˆfçh in
Sach 3,1 bezieht. Zu Recht kann dieser als Antagonist in Sach 3 bezeichnet
werden. Auch in Ijob 1-2 ist er derjenige, der sich gegen den Protagonisten
Ijob stellt und damit den Antagonisten des Ijobprologs verkörpert. Sprachlich
ist dabei auffällig, dass “Antagonist†eine adäquate Übersetzung von ˆfçh
darstellt.
Beide Passagen, in denen ˆfçh eine Rolle spielt, bedürfen in ihrer
Dramaturgie dieses Elements der Opposition, und beide spielen in einem
überweltlichen, “himmlischen†Milieu. Die Schicksalsschläge gegen Ijob
müssen einerseits von JHWH kommen, da er allmächtig ist, andererseits muss
dann aber erklärt werden, warum der Gerechte leiden muss. Auch in der
vierten Vision des Sacharja muss eine Opposition auftauchen, allerdings mit
dem einzigen Zweck, diese sofort wieder abzuweisen. Tatsächlich wäre es an
diesen Stellen möglich, eine Figur einzusetzen, die bekannt ist, und zu der
solche “Rollen†passen. Geschickter wäre es aber, ein solches Wesen gerade
nicht auftreten zu lassen, um sich “kein Bild zu machen†vom Umfeld
JHWHs und dem Zustandekommen seiner Entscheide. Die zahlreichen
Unklarheiten der beiden Texte wären auf diese Weise elegant erklärt: Eine
konkrete Vorstellung soll gar nicht entstehen. Was in einer Interpretation
solche Schwierigkeiten macht, die Unrekonstruierbarkeit der Szene Sach 3,
die Form ihrer Mitteilung als Vision oder die Erwähnung der mythisch-
rätselhaften µyhlah ynb, könnten geradezu als Signale an den Leser verstanden
werden: “Versuche nicht, diese Passagen wörtlich zu nehmen!†Die Texte
sollen in ihrer Aussage betrachtet werden, jede Konkretisierung in Form von
auftretenden Personen dient lediglich der literarischen Vermittlung dieser
Inhalte. Für die Betrachtung von ˆfçh hieße dies, dass dieser bewusst in einen
Kontext gestellt wurde, der ihn als literarisches Wesen charakterisiert.
Somit ließe sich zum Auftreten von ˆfçh in Sach 3 und Ijob 1–2 sagen: Im
Verlauf beider Erzählungen bedarf es des Moments der Opposition. Diese
wird von einer Figur verkörpert, die von Anfang an so auftritt, dass sich
Fragen über ihre Existenz gar nicht erst stellen sollen. Als Bezeichnung wird
deshalb ein abstrakter Titel gewählt, der als eine Art “Platzhalter†lediglich
die dramaturgische Rolle beschreibt: ˆfçh = “der Antagonistâ€.
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