Tobias Nicklas, «Der Text und die Texte. Berührpunkte von Textkritik, Textgeschichte und Interpretationsgeschichte am Beispiel von Ps 126», Vol. 81 (2000) 252-261
Even the examination of short and manageable sections of a text such as that of Psalm 126 shows the benefit of combining the tools of textual criticism, the history of the text and the interpretation of the text in the formulation of a question. All of these elements have become interwoven in complicated and mutually dependent links, which to a certain degree can no longer with certainty be subdivided or separated. In this context the texts from Qumran constitute a new component which must be integrated, and owing to their ancient dating, they are of crucial importance.
Wie kaum ein Feld biblischer Exegese hat aufgrund der Textfunde von Qumran die Disziplin der alttestamentlichen Textkritik in den letzten Jahrzehnten einen geradezu revolutionär zu nennenden Paradigmenwechsel erfahren, der sich vor allem in den wichtigsten Arbeiten E. Tovs1 niedergeschlagen hat. Dabei ist noch längst nicht alles Material veröffentlicht, geschweige denn wissenschaftlich verwertet. Vor diesem Hintergrund ist die große Untersuchung P.W. Flints2, die in aller Ausführlichkeit das in der judäischen Wüste gefundene Gesamtmaterial an Psalmentexten verarbeitet, umso mehr zu würdigen. Von unschätzbarem Wert sind vor allem Flints Übersichten und Beschreibungen der Psalmenmanuskripte aus Qumran sowie die tabellarischen Auflistungen der in den Manuskripten enthaltenen Varianten. Die folgende Untersuchung hat nun nicht eine Auseinandersetzung mit den vieldiskutierten Thesen Flints zur Entstehung des Psalters zum Ziel3, sondern möchte aufzeigen, in welcher Weise sich die von Flint aufbereiteten Materialien aus Qumran für weitere Forschungen auswerten lassen:
(1) Auf deskriptiver Ebene hat Flint vor allem die Varianten und Bezüge der Qumran-Manuskripte zum masoretischen Text (= MT) und zur LXX aufgewiesen. Es wäre nun notwendig, diese Varianten und Bezüge für einzelne Manuskripte und wiederum einzelne Texte noch stärker herauszuarbeiten und zu werten. Daneben sieht es auch Flint als ein lohnendes Unternehmen an, Bezüge zur syrischen Überlieferung aufzuzeigen4.
(2) Auf überlieferungsgeschichtlicher und rezeptionsgeschichtlicher Ebene kann nun auch für einzelne Texte ein zusätzliches Stück des Weges nachgezeichnet werden.
(3) Auf theologischer Ebene ist es notwendig, sowohl für einzelne Texte, als auch für gesamte Manuskripte sich in den Varianten eventuell zeigende Tendenzen herauszuarbeiten ein insgesamt weiter, vielleicht steinig erscheinender, aber sicherlich lohnender Weg.