Markus Zehnder, «Exegetische Beobachtungen zu den David-Jonathan-Geschichten», Vol. 79 (1998) 153-179
This article presents a compelling discussion of the texts which S. Schroer and T. Staubli claim to show a homosexual relationship between David and Jonathan. Through the study of vocabulary and narrative the author points out weaknesses in their argumentation and shows that theirs is not the only, or the most plausible, interpretation.
eignet 27. In allen drei Fällen handelt es sich dabei um Beziehungen zwischen einem Mann und einer Frau. In der überwältigenden Mehrzahl der Belege von q#$n wird das Verb im Kontext der Beziehung zwischen nahen Verwandten verwendet, in dem jede sexuelle Konnotation ausgeschlossen ist 28. In der Regel gehören die Beteiligten dabei dem gleichen Geschlecht an. Damit lässt sich festhalten: Die grösste Gruppe von Belegen des Verbs q#$n bezieht sich auf Fälle, in denen sich männliche Verwandte küssen, wobei die zwischen ihnen bestehende Verwandtschaftsbeziehung auch auf Heiraten zwischen den beteiligten Familien beruhen kann. Hinzu kommen diejenigen Fälle, in denen ebenfalls auf Küsse zwischen Männern referiert wird, die zwar nicht verwandt sind, bei denen aber der Kontext eindeutig klar macht, dass erotische Konnotationen auszuschliessen sind 29. Vor diesem Hintergrund muss es als die zunächstliegende Annahme angesehen werden, dass auch die Verwendung von q#$n im Zusammenhang der Beziehung zwischen David und Jonathan keine erotischen Konnotationen mit sich führt, dies um so mehr, als es sich auch bei der Beziehung zwischen David und Jonathan um eine durch die Heirat zwischen David und Michal zustande gekommene verwandtschaftliche Beziehung handelt 30. Weiter ist auffällig, dass der literarisch mit 1 Sam 20,41 am engsten in Beziehung stehende Beleg von q#$n in 1 Sam 10,1 eine politische Konnotation hat: Samuel küsst Saul in dem Moment, als er ihn im Auftrag Jhwhs zum dygn über Israel salbt. Von daher stellt sich die Frage, inwieweit nicht auch beim Beleg in 1 Sam 20,41 mit einer solchen politischen Komponente zu rechnen ist, um so mehr als hier ebenfalls ein Vorgang der Einsetzung ins Königsamt im Hintergrund steht. Von besonderem Gewicht ist ferner der Umstand, dass sich kein