Siegbert Riecker, «Ein theologischer Ansatz zum Verständnis der
Altarbaunotizen der Genesis», Vol. 87 (2006) 526-530
This article is thought to be an interaction with the interesting and innovative
contribution of Wolfgang Zwickel in Biblica 73 (1992). He disagreed with the
cult aetiology hypothesis for the “Altarbaunotizen” of the Old Testament. His
argumentation was convincing, but his alternative explanation seemed to
be comparatively weak. The present contribution tries to give another explanation
for the phenomenon of the “Altarbaunotizen”. They can be connected indirectly
with the blessing promise of Gen 12,3 and therefore to the whole theological
thrust of the book of Genesis. The offerings can be interpreted as witness to the
Canaanite population. Even though this thought seems to be quite uncommon,
many hints can be found in the texts, that point into this direction, supported
by a late Jewish interpretation of Gen 21,33.
Ein theologischer Ansatz zum Verständnis 527
Beleg Gründung Gründer Ort Name Theophanie Opfer Anrufung
28,18-22 (31,13) Gedenkstein Jakob Lus Bethel (6) (7)
×
31,45f Gedenkstein Jakob Mizpa Gal-Ed
32,3 (Ort) Jakob — Mahanajim ×
32,31 (Ort) Jakob Am Jabbok Peniel ×
33,14 (Ort) Jakob Sukkot Sukkot
33,20 Altar Jakob Sichem El-Elohe-Jisrael
35,7 Altar Jakob Lus El-Bethel
35,8 (Eiche)(8) Jakob Bei Bethel Allon Bachut
35,14f (35,1.3) Gedenkstein Jakob Bethel Bethel (9)
×
35,20(10) Gedenkstein Jakob Bethlehem –
Johann Marböck weist für den Jakobszyklus nach, wie sich die
Erzählungen von den “heiligen Orten†in die literarische Struktur der Genesis
einfügen. So zeigt er, dass die beiden Altarbaunotizen in Gen 12,7 und 22,9
nicht zufällig im äußeren Rahmen der Toledot Terachs stehen. Die erste Notiz
bildet Abrahams dankbare Antwort auf die Verheißung Gottes, seinen
Nachkommen das Land zu geben. Der letzte Altarbau ist “Zeichen der
Bereitschaft, den Sohn der Verheißung an den geheimnisvoll fordernden Gott
(h’lhym) wieder zurückzugeben†(11). Der erste Altar drückt Abrahams
Antwort aus, der letzte Altar wird durch seinen Namen zum Zeichen für
Gottes Antwort.
Ähnlich wie der Altar zwischen Ai und Bethel am Anfang und Ende der
Reise Abrahams in den Süden und nach Ägypten steht (Gen 12,8; 13,4), so
rahmen die Gedenksteine in Bethel die Reise Jakobs nach Haran (28,18-22;
35,14f.; vgl. 35,1.3). Die Gottesbegegnungen von Bethel, Mahanajim und
Peniel bilden die “Eckpfeiler†der Toledot Isaaks, wobei die Engel Elohims
von Gen 32,3 auf Gen 28,12 zurückverweisen (12).
Wird das Modell einer kultätiologischen Deutung abgelehnt, stellt
sich nun erneut die Frage nach dem Zweck der auffallend häufig
berichteten Gründungen heiliger Orte. Den entscheidenden Hinweis auf
den in der Erzählstrategie der Texte selbst verfolgten Zweck bieten
ohne Zweifel die Namensgebungen. Namen wie yairo yj'l' raeB] Beer-Lachai-
Roi (Gen 16,14) (13), ha,r“yI hwhy“ Jhwh-Jireh (22,14) (14), tAbjor“ Rechobot
(6) Jakob gießt Öl auf die Spitze des Steines.
(7) Jakob legt ein Gelübde ab.
(8) Jakob benennt die Eiche, unter der die Amme Rebekkas begraben wird.
(9) Jakob spendet ein Ës,n< Trankopfer mit Öl.
(10) Jakob richtet einen Gedenkstein über dem hrbuq] Grab von Rahel auf.
(11) J. MARBÖCK, “Heilige Orte im Jakobszyklus. Einige Beobachtungen und Aspekteâ€,
Die Väter Israels. Beiträge zur Theologie der Patriarchenüberlieferungen im Alten
Testament (Hrsg. M. GÖRG) (Stuttgart 1989) 214.
(12) A. a. O. 220.
(13) Der Ortsname lässt sich philologisch nicht sicher deuten. Vgl. H. SEEBASS, Genesis
(Neukirchen-Vluyn 1997) II/1, 90 und C. WESTERMANN, Genesis (BKAT I/2; Neukirchen-
Vluyn 1981) 297. Doch die im Text gegebene Etymologie spricht das Bekenntnis aus
yair’ lae hTa' Du bist ein Gott der Erscheinung (Gen 22,13).
(14) WESTERMANN, Genesis, 444 bezeichnet diesen Namen Gott sieht als “Gotteslobâ€.
Analog zum Altarnamen µ/lv hwhy“ Jhwh Schalom (Ri 6,24) spricht aber dennoch nichts
dagegen, dass es sich hier um den Namen eines wirklichen Ortes handelt, der vielleicht
gegenüber von Edom liegt, drei Tagesreisen von Beerscheba entfernt, vgl. SEEBASS,
Genesis, II/1, 211f.