Christoph G. Muller, «Der Zeuge und das Licht. Joh 1,1–4,3 und das Darstellungsprinzip dersu/gkrisij», Vol. 84 (2003) 479-509
The ancient principle of presentation, syncrisis, repeatedly used in research for the interpretation of Luke 1–2, is applied here. In this article the author first presents the most important aspects of syncrisis and then moves to the question whether or not one can present a valid study, with the use of syncrisis, for the interpretation of the ‘John the Baptist texts’ in John’s Gospel (1,6-8.15; 1,19-34; 1,35-42; 3,22-36; 4,1-3; 5,33-35; 10,40-42) and for the relationship of John and Jesus. We arrive at a positive result; the repeated signals ‘towards’, ‘under’, etc. are recognizably indicators of ordered relationships. The comparison that comes to light serves together with the visible differences in the profiling of each of them — precisely in their opposition to each other. Thus, syncrisis is revealed as a rich literary means to show continuity and discontinuity. Evaluation and relativisation, integration and subordination to the figure of Jesus determine the presentation of the Baptist in John’s Gospel. The appropriate ordering of his person to Jesus is shown also in the area of metaphorical speech, when John is presented as "the friend of the bridegroom" (John 3,29).
(1) die Selbst-Unterordnung in 1,27 (nicht würdig, die Riemen
seiner Sandale zu öffnen) 146;
(2) das Übergehen von Johannesjüngern in den Schülerkreis
Jesu. Johannes führt sogar selbst Jesus Jünger zu (vgl. 1,40), (auch wenn er
selbst nicht sein "Jünger" wird);
(3) die Zuordnung im Bild vom "Freund des Bräutigams" und dem
"Bräutigam" selbst mit der entsprechenden "Freude" am Wort des anderen (3,29);
(4) das Bild der Lampe (5,35), das sich in vergleichbarer
Weise auslegen lässt;
(5) der Ausfall von Wunder- bzw. Zeichenerzählungen auf der
"Johannes-Seite".
(6) Johannes bleibt der "Zeuge für das Licht" — im Gegenüber
zum "Licht" (1,9.11; 3,19; 8,12; 9,5). Aber: Johannes bleibt bis in die
Gegenwart der Leser für das Johannesevangelium der menschliche "Zeuge" (vgl.
1,7.8.15.19.32.34; vgl. auch 3,26).
Wertschätzung und Relativierung147 — Mit diesen beiden Begriffen lässt sich vielleicht die Zielsetzung des synkritischen Verfahrens kennzeichnen. Die Parallelisierung verfolgt das Ziel, eine qualitative Überlegenheit zu bezeugen und genauer zu kennzeichnen.
Damit stellt sich noch einmal die Frage nach einem möglichen Hintergrund für ein solches Verfahren. Häufig wird von einer Konkurrenz-Situation zwischen christlicher Gemeinde und Täufergemeinde gesprochen. In der Tat könnte die "Überschätzung" des Täufers durch entsprechende Anhänger den Ausgangspunkt für eine Gegenüberstellung der beiden gebildet haben148. Die neutestamentlichen Evangelien unternehmen eine (massive) "Christianisierung des Täufers". Das Täuferbild des Johannesevangeliums kann vielleicht als eine besonders geartete Einladung an Täuferanhänger149 verstanden werden, die einen Akt der Zustimmung intendiert.