Tobias Nicklas, «Formkritik und Leserrezeption. Ein Beitrag zur Methodendiskussion am Beispiel Mk 9,14-29», Vol. 82 (2001) 496-514
The growing discussion about the methodological connections between a synchronic oriented Form-analysis and a diachronic type of Form criticism has in no way resulted in concerns lying behind both methodological approaches being resolved. On the contrary, the crisis of the classical methodological approaches can also open up a perspective on connections that have up to now been insufficiently considered. The present study attempts to demonstrate with the example of Mark 9,14-29 what methodological conclusions result for the question of reader reception from the Form-analysis of a narrative text.
Vater überlegen fühlen konnte, muss ihm jetzt klar werden, dass er selbst gegenüber Jesus immer in der Rolle eines um derartige Hilfe Bittenden sein muss: "Ich (der Leser) meinte zu glauben, hilf meinem Unglauben".
Die Aufmerksamkeit richtet sich nun aber auch zurück auf die ursprünglich geschilderte Notlage sowie auf die immer mehr heranrückende Menge54: Der zweiteilige Ausfahrbefehl lässt die erfolgte Heilung erwarten. Diese Erwartung bestätigt sich auch durch die folgende "Konstitution des Wunders": Aus Sicht des Lesers hat Jesus den "unreinen Geist" (9,25) besiegt. Diese Perspektive ändert sich auch nicht durch V. 26b, wo davon die Rede ist, dass der Kranke wie tot daliegt. Gerade diese kurze Bemerkung hat aber Folgen für die weitere Rezeption des Textes: Einerseits lässt sie erwarten, dass die Handlung Jesu damit noch nicht abgeschlossen ist, andererseits aber verschafft sie dem Leser eine gewisse Überlegenheit über die Perspektive der "Vielen": Diese halten den Jungen nämlich für wirklich tot. Als Jesus seine Hand berührt, ihn auf(er)weckt und er schließlich auf(er)steht, ist die Erwartung des Lesers an eine Lösung der Notlage damit erfüllt. Gleichzeitig wird aber durch die Kombination der Begriffe nekro/j, a)poqnh/|skw, e)gei/rw und a)ni/stamai wieder der Bezug zu 8,31 und 9,9 wachgerufen: Was vordergründig ein Exorzismus ist, muss hintergründig als Glaubensgeschichte vor dem Hintergrund der Leidens- und Auferstehungsweissagung Jesu verstanden werden.
Verse 9,28-29. Das Fehlen finaler Motive wie "Admiration", "Akklamation" o.ä. signalisiert dem Leser nun aber, dass im Gegensatz zu ihm die Menge nicht zu dieser Erkenntnis gekommen ist. Dass die Szene so abrupt wieder zu den Jüngern zurückblendet55, ruft ihm aber die eingangs gestellte Frage wieder ins Gedächtnis zurück: Warum konnten die Jünger diesen Dämon nicht austreiben? Die Antwort Jesu ist in mehrerlei Hinsicht erstaunlich: Was meint er mit tou=to to_ ge/noj56? Ist der hier vorliegende Sonderfall besonders schwierig auszutreibender — weil stummer und tauber (9,25) — Dämonen gemeint? Dann wäre