Markus Zehnder, «Exegetische Beobachtungen zu den David-Jonathan-Geschichten», Vol. 79 (1998) 153-179
This article presents a compelling discussion of the texts which S. Schroer and T. Staubli claim to show a homosexual relationship between David and Jonathan. Through the study of vocabulary and narrative the author points out weaknesses in their argumentation and shows that theirs is not the only, or the most plausible, interpretation.
b) Sowohl von David als auch von Jonathan wird im literarischen Kontext der Aufstiegsgeschichte Davids berichtet, dass sie heterosexuelle Beziehungen hatten. Im Blick auf David soll hier der Hinweis auf die Beziehungen zu Michal (1 Sam 18,27 u.a.) und Abigail (1 Sam 25,42) genügen. Von Jonathans heterosexuellen Beziehungen erfährt der Leser zum einen indirekt durch die Erwähnung eines Sohnes Jonathans in 2 Sam 9 (Meribaal), zum anderen aber auch direkt aus dem Munde Jonathans selber, indem dieser in 1 Sam 20,42 von "meinen Nachkommen" spricht. Diese biographischen Umstände lassen die Vermutung, dass Jonathan und allenfalls auch David homosexuell waren und es sich bei der Beziehung zwischen Jonathan und David um eine homosexuelle Beziehung gehandelt hat, als wenig wahrscheinlich erscheinen. Allerdings ist zuzugeben, dass aufgrund der heterosexuellen Beziehungen allein nicht zwingend auf das Nicht-Vorhandensein einer von der heterosexuellen Norm abweichenden "sexuellen Orientierung" geschlossen werden kann.
c) Dass David in breiten Schichten des Alten Testaments als idealtypischer Herrscher und als Angelpunkt der in eine nähere oder fernere Zukunft reichenden Messiaserwartung verstanden und dass er im Neuen Testament nicht nur als Vorfahre Jesu, sondern auch als beispielhafter Gottesmann und als Vor-Bild des gekommenen Messias aufgefasst wird 61, wäre kaum möglich, wenn der Verdacht an ihm haftete, mit Jonathan eine homosexuelle Beziehung gepflegt zu haben. Denn die Ablehnung solcher Beziehungen in späteren Schichten des Alten Testaments und im nachbiblischen Judentum ebenso wie im Neuen Testament ist einhellig 62. Die offene Darstellung