Annekatrin Warnke, «Die Verbformen mit dem Suffix "w$m-" als Kernelemente der Textstruktur von Ex 15,1b-18», Vol. 83 (2002) 399-408
The crucial structural element in Ex 15,1b–18 is the 3rd person masculine plural suffix -w$m (or -w%m) which is found in nine verbal forms that are distributed over the entire text. Other structural elements, which are formal and have to do with the content, harmoniously fit into a macrostructure that has been shown to be concentrically parallel. In view of the convincing composition which extends beyond the Song, the original literary unity of the Song of the Sea of Reeds can hardly be doubted any more.
Die übrigen Verbformen haben die Israeliten zum Objekt: In V.9 sind sie Objekt der Feindseligkeit des Verfolgers; in V.17a sind sie Objekt von JHWHs Heilshandeln, der Israel für immer seine Gemeinschaft schenkt — dies ist nach der Vernichtung der Feinde in der Mitte des Liedes der zweite, diesmal "konstruktive" und endgültige Höhepunkt des Gedichts.
Die grundlegende Struktur der suffigierten Verbformen wird durch andere, in der Literatur großenteils schon dargestellte formale und inhaltliche Strukturelemente interpretiert und ergänzt. Ihnen wende ich mich nun zu.
2. Andere Strukturmerkmale auf dem Hintergrund der Verbalsuffixstruktur
Ein prägnantes, schon oft besprochenes15 Merkmal des Schilfmeerliedes ist der sogenannte "steigernde Parallelismus" ("staircase-parallelism"), ein Parallelismus der Form ab-cd // ab-ef. Dieses Stilmittel wird mindestens dreimal — und zwar in auffallend regelmäßigen Abständen — verwendet, nämlich in den Versen 6, 11 und 16. In V.16 werden sogar zweieinhalb Elemente wiederholt, was gegenüber den beiden anderen Stellen nochmals eine Steigerung darstellt. Der Parallelismus in V.11 ist neben seiner zentralen Position im Text durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet: Erstens steht er im Fragemodus, und zweitens bildet er vom Satzbau her keinen Abschluß wie die beiden anderen Stellen, sondern mündet in das eng zugehörige Kolon V.11c, das durch die Vervollständigung der — rhetorischen — Frage den Parallelismus erst voll ausschöpft. Wie ebenfalls bekannt ist, findet sich im jeweils unmittelbar vorausgehenden Vers aller drei Parallelismen ein ähnliches "Bild": V.5b fahren die Ägypter "wie Stein" in die Tiefe, V.10b sinken sie gar "wie Blei", und V.16b müssen die eingesessenen Völker starr "wie Stein" den Einzug der Israeliten ins Land mitansehen. Diese Stilelemente harmonieren nun ausgezeichnet mit der durch die suffigierten Verben nahegelegten Struktur: Während die beiden "äußeren" Bild-Parallelismus-Passagen sich an die beiden Verbformen des "äußeren Rings" der konzentrischen Struktur, w%myUs;kvya, (V.5a) und w$mz"xj)yO (V.15b), anschließen — erstere unmittelbar, letztere mit zwei Kola Distanz—, steht der mittlere, mit Blei "beschwerte" Parallelismus direkt nach der zentralen Suffixverbform, w$msfki (V.10a). Die Verse 10 und 11 beinhalten also die Zentren von drei selbständigen, aber sorgfältigst miteinander in Beziehung gesetzten konzentrischen Figuren und verschmelzen so zum Zentrum des Gesamttextes.
5 suffigiertes Imperfekt | 10 suffigiertes Perfekt | 15 suffigiertes Imperfekt |
5 "Stein" | 10 "Blei" | 16 "Stein" |
6 Parallelismus | 11 Parallelismus (erweitert) | 16 Parallelismus |
Sosehr freilich die steigernden Parallelismen dem Schilfmeerlied Struktur und Rhythmus geben, sowenig kann man sie als wirkliche Strophenteiler in Anspruch nehmen. Sie bilden Höhepunkte, markieren aber