Thomas Staubli, «Die Symbolik des Vogelrituals bei der Reinigung von Aussätzigen (Lev 14,4-7)», Vol. 83 (2002) 230-237
The bird ritual for the purification of the leper is usually interpreted as an elimination rite in analogy to the scapegoat rite at Yom Kippur. However, all constitutive elements of an elimination rite are missing: an evil is not mentioned, nor a demonic place for the evil nor a beast, sympathetic with the demon. On the contrary birds in the Bible and elsewhere in the Ancient Near East symbolize in many ways human vitality, just as the other ingredients of the ritual do. So the article argues, that the ritual symbolizes the return of the healed leper from social death to life, as the first act of a threefold ritual for the reintegration of a person into human society.
aber im Heiligtum und richtet sich über die Opfer an Gott. Die gesamte Prozedur hat demnach einen chiastischen Aufbau, in dessen Mitte die sieben Tage zwischen den Waschungen liegen als Zeit der Neuschöpfung. Zu dieser wohldurchdachten Komposition passt, dass die Ingredienzien des Vogelrituals dieselben sind, die zur Reinigung nach Leichenkontaminierung verwendet werden (Num 19,6), während der beim Sündopfer vollzogene Reinigungsritus eng verwandt ist mit dem Ritual der Priesterweihe (Lev 8,22-24). Geht es am Anfang darum, die Todessphäre des Aussatzes vollends abzustreifen, wird am Ende der Eintritt in ein neues Leben besiegelt.
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Das Vogelritual bei der Reinigung von Aussätzigen ist kein Eliminationsritus, da weder ein Übel genannt wird, noch ein Dämon, eine Gottheit oder ein ferner Ort, wohin das Übel verbannt werden soll, und weil auch kein Sympathietier des Dämonischen verwendet wird. Das Vogelritual ist vielmehr ein Analogieritual, das die vom Priester überprüfte Heilung von Aussätzigen symbolisch verdichtet und liturgisch effektvoll inszeniert. Diese Interpretation hat gegenüber der gängigen Deutung des Rituals als Eliminationsritus mehrere Vorteile:
(1) Die Symbolik der Vögel reiht sich ungezwungen in die biblisch und ausserbiblisch gut bezeugte Metaphorik ein, wonach Vögel Vitalität ausdrücken.
(2) Die Symbolik des Blutes entspricht der in der Bibel üblichen Lebens- und der daraus resultierenden Sühnemetaphorik. Die widersprüchliche Deutung des Blutes in ein- und demselben Ritual, einerseits als reinigendes Sühnemittel, andererseits als Trägerstoff eines zu eliminierenden Übels, fällt dahin.
(3) Diese Symbolik von Vögeln und Blut passt zur Bedeutung der übrigen im Ritual verwendeten Ingredienzien, soweit diese uns bekannt ist.
(4) Das Ritual muss nicht länger als quasi funktionsloses, volkstümlich-archaisches Relikt innerhalb des priesterlichen Systems verstanden werden, sondern erfüllt als eröffnendes Ritual in der Abfolge der dreistufigen Reinigung der geheilten Aussätzigen eine wichtige Aufgabe als Signal für die Gemeinschaft, in die die geheilte Person als eine lebendige zurückkehrt.