Christian Blumenthal, «Der höchste Gott und König Ptolemaios IV. Philopator: Beobachtungen zur erzählerischen Entfaltung des Gottesbildes in 3Makk», Vol. 97 (2016) 360-374
Very few scholars have analyzed the image of God in 3Macc, and studies of the narrative unfolding of this picture are nearly completely missing. This article examines the structure of the plot and the main characters in order to show that in the four "Erzählbögen" present in the narrative the central opposition is not that of King Ptolemy versus the Jewish people, but that of King Ptolemy versus the God of the Jewish people. At the end of the account -- and this is the event with the highest degree of "Ereignishaftigkeit" -- King Ptolemy acknowledges the power of Israel's God.
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II. Beobachtungen zu unterschiedlichen Graden der Ereignishaftigkeit
Die gewonnenen Einsichten in die Erzählstruktur von 3Makk
lassen sich noch weiter vertiefen, wenn man Überlegungen zum Grad
der Ereignishaftigkeit der präsentierten Zustandsveränderungen 40 wie
dem göttlichen Eingreifen in Jerusalem, dem Rufen der Bedrängten zu
Gott oder deren Zusammentreiben im Hippodrom von alexandrien
anstellt.
Erzähltheoretisch steht dabei die Überzeugung im Hintergrund,
dass in einer Zustandsveränderung nach ansicht von Wolf schmid
neben Realität und Resultativität die fünf Merkmale von (1) Relevanz,
(2) Imprädikabilität, (3) Konsekutivität, (4) Irreversibilität und (5)
Non-Iterativität realisiert werden müssen, damit sie ein Ereignis (hier
verstanden als ereignete unerhörte Begebenheiten) genannt werden
kann 41.
Die aufnahme der Rückfrage nach der Ereignishaftigkeit bietet
sich für 3Makk vor allem angesichts der Wahrnehmung des zunächst
über weite strecken iterativen Charakters des Geschehens an, da nach
Wolf schmids Begriff von Ereignishaftigkeit sich wiederholende Ver-
änderungen „bestenfalls nur geringe Ereignishaftigkeit“ 42 konstituie-
ren. Umgekehrt bedeutet das: Eine Zustandsveränderung weist ein ho-
hes Maß an Ereignishaftigkeit auf, wenn sie das Merkmal der Non-
Iterativität und zusätzlich noch der Irreversibilität, der Konsekutivität,
der Imprädikabilität und der Relevanz in besonderer Weise erfüllt. auf
die situation in 3Makk angewandt wird im Horizont der vorgetrage-
nen Beobachtungen zur makrostrukturellen anlage der Erzählung
deutlich, dass als das Geschehen mit dem höchsten Grad an Ereignis-
haftigkeit das von Gott initiierte Umdenken des Königs gelten kann:
den diskutierten Datierungsvorschlägen im Jahr „30 B.C.E, when Ptolemaic Egypt
became a Roman province“, und geht davon aus, dass eine Datierung „on either
side of this line elicits a different understanding of the purpose of the author and
the situation of the Egyptian community of his time.“
40
Zum Begriff: Eine Zustandsveränderung hat eine temporale struktur mit
ausgangs- und Endzustand, wobei beide Zustände miteinander vergleichbar (nicht
aber identisch!) sein müssen. siehe W. sCHMID, Elemente der Narratologie (Berlin
– New york 22008) 4; zu den im Haupttext folgenden erzähltheoretischen Grund-
legungen siehe ausführlich bei sCHMID, Elemente, 11-18.
41
Die fünf genannten Merkmale sind „gradationsfähig“ (sCHMID, Elemente, 13),
wobei deren Beachtung, obschon sie an sich hochgradig interpretationsabhängig
sind (vgl. Elemente, 18-21), „zentrale Phänomene des Narrativen zu erkennen und
zu unterscheiden hilft“ (Elemente, 21).
42
sCHMID, Elemente, 18.