Tobias Nicklas, «Der Text und die Texte. Berührpunkte von Textkritik, Textgeschichte und Interpretationsgeschichte am Beispiel von Ps 126», Vol. 81 (2000) 252-261
Even the examination of short and manageable sections of a text such as that of Psalm 126 shows the benefit of combining the tools of textual criticism, the history of the text and the interpretation of the text in the formulation of a question. All of these elements have become interwoven in complicated and mutually dependent links, which to a certain degree can no longer with certainty be subdivided or separated. In this context the texts from Qumran constitute a new component which must be integrated, and owing to their ancient dating, they are of crucial importance.
4QPse statt des masoretischen My(rz) und wrwcqy (in 11QPsa anstelle von wrcqy im MT). Auch die Versionen zeigen hier keine auffallenden Abweichungen oder interessant erscheinende Interpretationen.
Vers 6
Schwierig zu beurteilen ist V. 6a in 11QPsa. Der Text liest offensichtlich im ersten Abschnitt Kly Kwlh, was dem MT entsprechen würde, fährt aber dann syntaktisch unmöglich mit wkbw fort. Da sich der Text auch weiterhin mit den Pluralen y)#wn fortsetzt, könnte hier im ersten Teil ein Schreiberfehler für wkbw wkly Kwlh vorliegen. Tatsächlich wirken die beiden entscheidenden Worte in Kolumne iv 14 im Gegensatz zu den umliegenden Begriffen geradezu zusammengeklebt28. Solche kleinen, gerade im unvokalisierten Bereich schnell entstehenden Schreiberfehler in welche Richtung auch immer können leicht Varianten wie die der LXX erklären, die ebenfalls in V. 6a pluralisch poreuo/menoi e)poreu/onto kai_ e!klaion übersetzt, eine Variante, die sich natürlich auch in den lateinischen Psalterien Iuxta Hebraeos und Iuxta LXX widerspiegelt29.
Eng zusammenhängend mit V. 6aa ist natürlich auch das schon angesprochene y)#wn in 6aa und 6bb (11QPsa, letzteres auch von 1QPsb bezeugt), was wiederum die LXX mit dem Plural ai!rontej übersetzt. Die Peschitta gibt den Text von Ps 126,6 nahe am Hebräischen wieder, allerdings mit der Einschränkung, dass das hebräische (rzh-K#m nur mit )(rz ("Same") übersetzt wird und dem hebräischen wytml) nur )PK ("Handfläche, Handvoll, Garbe") ohne Pronominalsuffix entspricht 30.
Zusammenfassende Beurteilung
Zu den Qumran-Manuskripten
Die erhaltenen Fassungen von Ps 126 zeigen nur geringe Varianten gegenüber dem Konsonantenbestand des MT.
An großen Unterschieden zwischen 4QPse und 11QPsa ist die bei Flint m.E. unterschätzte unterschiedliche Behandlung der Tetragrammata zu erwähnen, aber auch die Tatsache, dass die Textform, die 4QPse bietet, nur durch das mehrfache Eingreifen einer korrigierenden Hand so klar mit der von 11QPsa übereinstimmt. In diesem Zusammenhang ist vor allem das ursprüngliche Fehlen der Überschriften über Ps 126 und 130 zu vermerken31.
Auf orthographischer Ebene lässt sich besonders für 11QPsa die Tendenz zur Plene-Schreibung mit Hilfe von Matres lectionis bestätigen. Beispiele dafür wären das umstrittene Mymwlx (V. 1), Myywg (V. 2), wnytwb# (V. 4), My(rwz, wrwcqy (V. 5) y)#wn (V. 6a.b, letzteres auch für 1QPsb) und wtwmwl) (V. 6b). Von diesen Beispielen bietet 4QPse das erste in von 11QPsa unterschiedener, die anderen aber nicht oder in mit 11QPsa übereinstimmender Schreibung.